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Rechtsprechung

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mitgeteilt von RA Frank Feser (HOELLER Rechtsanwälte)

Leitsätze von RA Feser

Es spricht ein Anscheinsbeweis für die Richtigkeit der technischen Aufzeichnungen von TK-Unternehmen, welche Grundlage der Entgeltrechnungen sind.

Löscht das TK-Unternehmen die Einzelverbindungsnachweise 80 Tage nach Versendung der Rechnung, nachdem es den TK-Kunden ausdrücklich und unter Fristsetzung gefragt hat, ob dieser einen schriftlichen Nachweis der erfassten Verbindungsdaten wünsche, so kehrt sich die Darlegungs- und Beweislast mit der Folge um, dass es Sache des TK-Kunden ist, die vermeintliche Unrichtigkeit der technischen Aufzeichnung nachzuweisen.

53 C 2230/00 Verkündet am 24. Mai 2000

als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle

AMTSGERICHT DÜSSELDORF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit


  • Klägerin,

g e g e n

  • Beklagte

hat das Amtsgericht Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 19. April 2000 durch den Richter am Amtsgericht *
für R e c h t erkannt:
  1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.878,57 DM nebst 6,75 % Zinsen seit dem 27.05.1999 zu zahlen.
  2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
  3. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
  4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
  5. Der Beklagte wird nachgelassen, die gegen sie gerichtete Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000,-- DM abzuwenden, wenn nicht die Klägerin ihrerseits bis zum Beginn der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
  6. Den Parteien wird nachgelassen die jeweilige Sicherheitsleistung durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft einer großen Bank mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland oder durch eine öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu erbringen.

T a t b e s t a n d

Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Vergütungsanspruch aus einem Mobiltelefondienstvertrag in Höhe von 1.878,57 DM geltend.

Die Klägerin ist Betreiberin des Mobilfunknetzes *. Die Klägerin schloß mit dem Beklagten einen Telefondienstauftrag über einen Funktelefonanschluß Nummer *** für die Nutzung des Mobilfunknetzes * unter Verwendung einer Telekarte. Bei Abschluß des Mobiltelefondienstvertrages wurden die Bedingungen der Klägerin für den Mobilfunkdienst * sowie deren Tarifliste in den Vertrag mit einbezogen. Die Tarifliste der Klägerin listet die Selbstwahlverbindungen zu Festnerz, * Netz und *Netzanschlüssen im Inland auf und nennt als Verbindungspreise 0,28 DM und 0,58 DM pro Minute.

Die Klägerin stellte der Beklagten unter dem 26.01.1999 3.619 Tarifeinheiten zum Nettogesamtpreis in Höhe von 826,94 DM bzw. einen Rechnungsendbetrag in Höhe von 1.019,15 DM in Rechnung. Die Beklagte verlangte mit anwaltlichem Schreiben vom 05.02.1999 vorprozessual von der Klägerin die Überprüfung der Rechnung vom 26.01.1999. Die Beklagte vertrat im Schreiben vom 05.02.1999 die Auffassung, daß 3.619 verbrauchte Tarifeinheiten gleich 605 Minuten unter Berücksichtigung des ungünstigen Minutenpreises à 0,59 DM einen verbrauchsabhängigen Betrag in Höhe von 365,95 DM ergebe und nicht wie von der Klägerin abgerechnet, in Höhe von 826,94 DM. Die Beklagte verlangte von der Klägerin unter Fristsetzung bis zum 19.02.1999 eine schriftliche Mitteilung, Rückziehung und Überprüfung der letzten monatlichen Abrechnungen. Die Beklagte legte als Anlage zur Klageerwiderungsschrift vom 06.04.2000 das vorgerichtliche der Klägerin vom 09.02.1999 vor (Bl. 31 und 32 d.A.), in dem es unter anderem hieß:

"wünschen Sie den schriftlichen Nachweis der erfaßten Verbindungen, bitten wir Sie, die beigefügte Einverständniserklärung ausgefüllt und unterzeichnet an uns zurückzusenden. Sie ist aus Gründen des Datenschutzes erforderlich. Ihre Antwort erwarten wir bis zum 23. Februar 1999. Danach ist die Erstellung des Dateiauszuges nicht mehr möglich. Für die Zukunft empfehlen wir Ihnen einen kostenfreien Einzelverhindungsnachweis (EVN), eine Aufstellung aller zustandegekommenen Verbindungen."

Die Beklagte antwortete der Klägerin mit vorgerichtlichem Anwaltsschreiben vom 23.02.1999 (Bl. 33 und 34 d.A.) in dem es unter anderem hieß:

"In vorbezeichneter Angelegenheit darf ich mich auf Ihr Schreiben vom 09.02.1999 beziehen...Eine weitere Zahlung an Sie wird auch nicht erfolgen, bis eine ordnungsgemäße Abrechnung über die letzten Monate erfolgt ist."

Die Klagerin stellte der Beklagten für den Zeitraum von Dezember 1999 bis Rechnungslegung 23.04.1999 einen Gesamtbetrag in Höhe von 1.878,57 DM in Rechnung. Die Klägerin forderte die Beklagte mehrfach vergeblich zur Zahlung, letztmalig mit Mahnschreiben vom 26.05.1999 auf. Die Klägerin nimmt laufend Bankkredit in einer die Klageforderung übersteigenden Höhe in Anspruch, den sie mit 6,75 % verzinsen muß.

Die Klägerin ist der Ansicht, daß sie gegen die Beklagte einen Vergütungsanspruch aus dem Mobiltelefondienstvertrag in Höhe von 1.878,57 DM habe. Die Klägerin ist der Ansicht, daß für die zutreffende Erfassung der angeführten Tarifeinheiten der Beweis des ersten Anscheines spreche. Die Klägerin sei nicht mehr darlegungs- und beweisbelastet, weil sie gemäß § 6 TDSV 80 Tage nach Rechnungsversandt die gespeicherten Daten ordnungsgemäß gelöscht habe und daher ein Einzelverbindungsnachweis nunmehr nicht mehr erstellt werden könne.

Die Klägerin hat die Klage im Hinblick auf die als Nebenforderung geltend gemachten Inkassokosten in Höhe von 203,-- DM zurückgenommen.

Die Klägerin beantragt,

Die Beklagte beantragt,

Die Beklagte bestreitet, die ordnungsgemäß Abrechnung der Einheit und das Anfallen von insgesamt 3.619 Tarifeinheiten in dem genannten Zeitraum. Die Beklagte trägt im nachgelassenen Schriftsatz vor, Selbstwahlverbindungen vorgenommen zu haben, so daß nur die angegebenen Preise in der Tarifliste der Klägerin zwischen 0,28 DM und 0,59 DM pro Minute angefallen sein könnten. Die Beklagte ist der Ansicht, daß die Klägerin ohne Probleme den Einzelverbindungsnachweis erstellen und die Entstehung höherer Gebühren nachweisen müsse. Die Klägerin sei insoweit darlegungs- und beweisbelastet. Die Beklagte bestreitet, daß der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten das vorgerichtliche Schreiben vom 09.02.1999 erhalten habe. Die Beklagte behauptet, die Klägerin mit Schreiben vom O5.02.1999 gebeten zu haben, die Nachweise zu führen. Der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten habe sich "die Finger wund geschrieben", um die entsprechenden Nachweise zu erhalten, die bis zum heutigen Tage nicht erteilt worden seien.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze und mit überreichten Anlagen verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die Klage ist überwiegend begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte für den Zeitraum von Dezember 1998 bis April 1999 einen Vergütungsanspruch aus dem Mobilfunktelefonvertrag in Höhe von 1.878,57 DM.

Zwischen den Parteien ist unstreitig ein Mobilfunktelefonvertrag mit dem Funktelefonanschluß Nummer *** über die Nutzung des Mobilfunknetzes * unter Verwendung einer Telekarte zustande gekommen. Die Beklagte hat in dem Zeitraum ab Dezember 1998 den Funktelefonanschluß auch genutzt, so daß verbrauchsabhängige Telefonkosten entstanden sind. Die Klägerin hat den verbrauchsabhängigen Teil des mit Schlußrechnung vom 23.04.1999 geltend gemachten Vergütungsanspruchs erstmals mit Rechnung vom 26.01.1999 abgerechnet und in der Rechnung als Gesamtbetrag der Tarifeinheiten 3.619 aufgeführt. Die Beklagte kann nach dem Sach- und Streitstand die erfaßten 3.619 Tarifeinheiren nicht einfach bestreiten und pauschal vortragen, daß sie nur Selbstwahlverbindungen genutzt habe, so daß nach der Tarifliste der Klägerin nur ein Vergütungsanspruch von 0,28 DM pro Minute bzw. 0,59 DM pro Minute hätte entstehen können. Die Klägerin hat zurecht darauf hingewiesen, daß nach den Grundsätzen über den Beweis des ersten Anscheins von der zutreffenden Erfassung der angeführten Tarifeinheiten auszugehen ist (vgl. Landgericht Bielefeld, Multimedia und Recht 2000, 112, 113). Die Klägerin hat in Übereinstimmung mit §§ 5 und 6 TDSV die Verbindungsdaten zur ordnungsgemäßen Ermittlung und Abrechnungen der Entgelte für Telekommunikationsleistungen erhoben und verarbeitet. Die Klägerin war nach § 6 Abs. 3 Satz 2 TDSV lediglich berechtigt, die Verbindungsdaten nur bis zu 80 Tage nach Rechnungsversandt zu speichern und die Verbindungsdaten danach zu löschen. Ein Einzelverbindungsnachweis, der es ermöglicht hätte, die vertelefonierten Tarifeinheiten nach Datum, Uhrzeit sowie Selbstwahlverbindung bzw. Fremdwahlverbindung mit entsprechenden Gebühreneinheiten aufzulisten, kann nach Löschung der Verbindungsdaten nicht mehr erstellt werden. Die Klägerin hat zurecht darauf hingewiesen, daß nach § 6 Abs. 4 Satz 2 TDSV die Klägerin nach Löschung der Verbindungsdaten von der Pflicht zur Vorlage dieser Daten zum Beweis der Richtigkeit der Entgeltrechnung frei wird. Die Beklagte hat nach dem Sach- und Streitstand innerhalb der 80 Tagefrist des § 6 TDSV nach Versendung der Rechnung die Klägerin nicht zur Erstellung eines Einzelverbindungsnachweises aufgefordert. Das anwaltliche Schreiben vom 05.02.2000 enthält lediglich die Aufforderung zur Überprüfung der letzten Abrechnungen nicht aber zur Erstellung eines Einzelverbindungsnachweises. Die Beklagte hat auch nach Erhalt des vorgerichtlichen Schreibens vom 09.02.1999, dem die Klägerin im vorletzten Absatz ihres Schreibens ausdrücklich nachgefragt hat, ob ein schriftlicher Nachweis der erfaßten Verbindungsdaten gewünscht und zu diesem Zweck die beigefügte Einverständniserklärung ausgefüllt und unterzeichnet an die Klägerin bis spätestens zum 23.02.1999 zurückgesandt werden muß, weil im Anschluß an dieses Datum die Erstellung des Dateiauszuges nicht mehr möglich sein würde, hat die Beklagte gleichwohl weder die Einverständniserklärung zurückgesandt, noch die Klägerin aufgefordert, einen Einzelverbindungsnachweis zu erstellen. Soweit die Beklagte im nachgelassenen Schriftsatz vom 28.04.2000 bestritten hat, der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten das Schreiben der Klägerin vom 09.02.1999 erhalten zu haben, steht dieses Vorbringen in krassen Widerspruch zu den vorgelegten Anlagen zum Klageerwiderungsschriftsatz vom 06.04.2000. Die Beklagte legt als Anlage zum Klageerwiderungsschriftsatz vom 06.04.2000 selbst das vorgerichtliche Schreiben vom 09.02.1999 vor. Darüber hinaus nimmt der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten den ebenfalls als Anlage zum Klageerwiderungsschriftsatz vom 06.04.2000 beigefügten vorgerichtlichen Schreiben vom 23.02.1999 selbst Bezug auf das Schreiben vom 09.02.1999, denn er nimmt in diesem Schreiben ausdrücklich Bezug auf das Schreiben der Klagerin vom 09.02.1999. Der Tatsachenvortrag der Beklagte ist damit krass widersprüchlich und somit prozessual unbeachtlich. Die Beklagte hat die Klägerin im außergerichtlichen Schreiben vom 23.02.1999 trotz Kenntnis des Schreibens vom 09.02.1999 in dem auf die Einverständniserklärung, die Anforderung eines Einzelverbindungsnachweises und auf die Löschung der Daten nach dem 23.02.1999 ausdrücklich hingewiesen worden ist, gleichwohl lediglich pauschal eine ordnungsgemäße Abrechnung aber keine Erstellung eines Einzelverbindungsnachweises gefordert. Der Verlust der Verbindungsdaten geht somit auf das vorprozessuale Verhalten der Beklagten zurück, die nicht innerhalb der 80 Tagefrist einen Einzelverbindungsnachweis angefordert hat. Der pauschale Vortrag der Beklagten, der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten habe sich die Finger wund geschrieben, um einen entsprechenden Nachweis zu erhalten, enthält keinen überprüfbaren Tatsachenvortrag. Soweit die Beklagte auf das vorgerichtliche Schreiben vom 05.02.1999 Bezug nimmt, enthält dieses Schreiben wie bereits oben ausgeführt, keine Aufforderung zur Übersendung eines Einzelverbindungsnachweises. Die Beklagte, die nach der Löschung der Verbindungsdaten die Darlegungs- und Beweislast trägt, hat ihrerseits weder hinreichend substantiiert dargelegt, noch unter Beweis gestellt, daß in einem geringerem Umfang als 3619 Tarifeinheiten zu einem Gesamtbetrag in Höhe von 826,94 DM vertelefoniert worden sind. Der Einwand der Beklagten, daß im Selbstwahlverfahren nur nach Minutentakt zum Preis von 0,28 DM bzw. 0,59 DM abgerechnet werden darf, greift nicht durch, denn die Klägerin hat zutreffend darauf hingewiesen, daß in Fällen der Fremdwahlverbindung insbesondere bei Auslandstelefonaten sowie Verbindungen vom *-Netz ins E-Netz oder ins D2-Netz höhere Gebühren als 0,59 DM anfallen können. Der pauschale Vortrag der Beklagten, daß sie nur Selbstwahlverbindungen vorgenommen habe, enthält keinen überprüfbaren Sachgehalt.

Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 284, 288 BGB.

Die Klägerin hat eine Inverzugsetzung der Beklagten lediglich ab dem 27.05.1999 hinreichend substantiiert dargetan, denn sie benennt konkret das Mahnschreiben vom 26.05.1999, welches frühestens am 27.05.1999 der Beklagten zugegangen sein kann. Eine frühere Verzugsetzung hat die Klägerin nicht dargetan. Der Klägerin ist ein Verzugszinsschaden nach §§ 288 BGB in Höhe von 6,75 % entstanden, denn nach dem insoweit unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin, der nach § 138 ZPO als zugestanden gilt nimmt die Klägerin Bankkredit in Höhe der Klageforderung in Anspruch, den sie mit 6,75 % verzinsen muß. Einen darüber hinausgehenden Verzugszinsschaden in Höhe von 7,25 % hat die Klägerin nicht dargelegt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 BGB. Danach waren die Kosten des Rechtsstreits insgesamt der Beklagten aufzuerlegen. Die Klägerin ist lediglich im Hinblick auf die Nebenforderung (Zinszeitpunkt und Zinssatzhöhe) sowie hinsichtlich der Teilklagerücknahme (Nebenforderung Inkassokosten) unterlegen. Die Klägerin ist daher nur zu einem geringen Teil in diesem Rechtsstreit unterlegen, der keine zusätzlichen Kosten ausgelöst hat, so daß die gesamten Verfahrenskosten der Beklagten aufzuerlegen waren.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 108 ZPO.

Der Streitwert wird auf 1.878,57 DM festgesetzt.

Unterschrift