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mitgeteilt von RA Boris Hoeller ( HOELLER Rechtsanwälte )

München, den 18. Februar 2000
Aktenzeichen S 166/99 Lösch / 398 06 414.8/42

Deutsches Patent- und Markenamt

Beschluss

in der Löschungssache

des

- Antragsteller -

Verfahrensbevollmächtigter: *

g e g e n

*

- Antragsgegner und Markeninhaber -

Verfahrensbevollmächtigter: *

wegen der Löschung der Marke 398 06 414.8/42 "WEBSPACE"

hat die Markenabteilung 3.4 durch den Leitenden Regierungsdirektor * als Vorsitzenden, den Regierungsdirektor * und die Regierungsrätin z.A. *

b e s c h l o s s e n :

  1. Der Antrag auf Aussetzung des Löschungsverfahrens S 166/99 wird zurückgewiesen.
  2. Die Marke 398 06 414.8/42 wird gelöscht.
  3. Die Löschungsantragsgebühr wird erstattet.
  4. Im übrigen trägt jeder Verfahrensbeteiligte seine Kosten selbst.

Gründe:

  1. Die Marke

    WEBSPACE

    ist am 7. Juni 1999 unter der Nummer 398 06 414 für

    "Beratung, Konzeption und Gestaltung von Internetpräsentationen sowie Bereitstellung der für die Internetpräsentation benötigten Hard- bzw. Software sowie die Durchführung der technischen Umsetzung"

    in das Markenregister eingetragen worden.

    Auf Antrag des Markeninhabers vom 19. Juli 1999 wurde das Dienstleistungsverzeichnis bezüglich des Begriffes "Software" beschränkt und erhielt folgende Fassung:

    "Beratung, Konzeption und Gestaltung von Internetpräsentationen sowie Bereitstellung der für die Internetpräsentation benötigten Hardware sowie die Durchführung der technischen Umsetzung".

    Der Antragsteller strebt die Löschung der Marke an. Nach seiner Auffassung fehlt dem angegriffenen Zeichen jegliche Unterscheidungskraft. Zum Zeitpunkt der Anmeldung der Marke, dem 07.02,1998, sei "Webspace" bereits ein eingeführter Begriff im Internet gewesen. Der sei bereits in Fachzeitschriften üblich, in der Rechtsprechung verwandt und in Lehrbüchern eindeutig erläutert worden. Webspace habe schon für sich genommen sowohl die Bedeutung des gesamten Webraumes als auch die Bedeutung eines bestimmten Raumes im Netz, der von sogenannten "Webspace-Providern" auf deren Servern zur Verfügung gestellt werde. "Webspace" sei glatt beschreibend. Desweiteren sei der Anmelder gemäß § 50 Abs. l Ziffer 4 MarkenG bösgläubig.

    Diese Bösgläubigkeit liege in dem Versuch der Usurpierung eines Begriffs, um sich ungerechtfertigt Lizenzeinnahmen während der Zeit des Bestandes der Marke zu verschaffen.

    Der Antragsteller beantragt formell unter Zahlung der Gebühr,

    die Marke Nr. 398 06 414.8/42 wegen Nichtigkeit nach § 50 Abs. 1 Nr. 3 und 4 MarkenG zu löschen

    und sinngemäß,

    dem Antragsgegner die Kosten aufzuerlegen.

    Zur Zulässigkeit trägt der Antragsteller vor, dass der Zusatz "als Treuhänder der Netzinitiative Webspace" lediglich erläuternd zum Ausdruck bringe, dass der Antragsteller * nicht alleine stehe. Ein irgendwie geartetes Vertretungsverhältnis bedeute dieses nicht. Der Zusatz bringe lediglich zum Ausdruck, dass der Antragsteller * zwar im Interesse anderer, aber im eigenen Namen handele. In der Anhörung erklärte der Antragsteller ausdrücklich, persönlich als natürliche Person Antragsteller im Löschungsverfahren zu sein; hilfsweise beantragt er den im Löschungsantrag enthaltenen Zusatz "als Treuhänder der Netzinitiative Webspace" zu streichen.

    Der Antragsgegner und Markeninhaber hat dem ihm am 10. September 1999 zugestellten Löschungsantrag am 8. November 1999 - eingegangen am 9. November 1999 - widersprochen.

    In verschiedenen Schriftsätzen und der Anhörung vor der Markenabteilung 3.4. hat er in der nachfolgend wiedergegebenen Reihenfolge beantragt:

    1. festzustellen, dass bisher überhaupt kein wirksamer Löschungsantrag gestellt wurde.
      Hilfsweise, das Löschungsverfahren auszusetzen und über die Frage, ob bisher überhaupt ein wirksamer Löschungsantrag gestellt wurde, einen (beschwerdefähigen) Zwischenbescheid zu erlassen.
    2. Aussetzung des Löschungsverfahrens bis zur Entscheidung über die Widersprüche.
    3. Parteieinvernahme des Markeninhabers sowie die Zeugeneinvernahme des Bruders des Markeninhabers, Herrn * (zu laden über den Markeninhaber) und der geschiedenen Ehefrau des Markeninhabers, Frau * (* Str.*, *).
    4. zum Beweis dafür, dass die im Anhörungstermin überreichte Internetseite "Pet Shop" (Anlage 4 der Niederschrift über die Anhörung 2.2.2000) seit August 1996 im Internet präsent war und der Markeninhaber hierüber auch Geschäfte tätigte.
    5. den Löschungsantrag zurückzuweisen;
      hilfsweise
      die Marke mit dem durch den Zusatz "...alle vorgenannten Dienstleistungen ausgenommen in Verbindung mit der Überlassung von Massenspeicherkapazitäten an Dritte." eingeschränkten Dienstleistungsverzeichnis aufrechtzuerhalten.

    Nach Auffassung des Markeninhabers fehlt es an einem wirksamen Löschungsantrag. Er trägt hierzu insbesondere vor, Rechtsanwalt * habe nicht selbst, sondem nur treuhänderisch für Dritte den Antrag gestellt; diese Dritten seien "jedoch bisher in keiner Weise konkretisiert oder konkretisierbar. Dies folge daraus, dass "Antragsteller des Löschungsverfahrens Rechtsanwalt * (Bonn) und zwar nur "als Treuhänder der Initiative Webspace" sei.

    Im Übrigen sei der Löschungsantrag unbegründet. "Webspace" habe keinen offensichtlichen Sinngehalt. Im Vordergrund dieser Kennzeichnung liege eine fantasievolle Wortneubildung, deren Sinngehalt nur nach Analyse der Bestandteile "Web" und "Space" erforscht werden könne.

    Die betriebliche Herkunftsfunktion werde hier nicht durch einen vom Verkehr erkennbaren eindeutigen Sinngehalt ausgeschlossen. Auch werde "Webspace" mehrdeutig verwendet. Ferner verweist der Antragsgegner auf die Amtspraxis des DPMA bezüglich der Eintragung ähnlicher Marken. Darüber hinaus handele es sich nicht um eine bösgläubige Anmeldung.

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze einschließlich der Anlagen der Verfahrensbeteiligten sowie die Anhörung vor der Markenabteilung 3.4. am 2. Februar 2000 und das diesbezügliche Protokoll verwiesen.

    1. Der Löschungsantrag ist zulässig, § 54 MarkenG.

      Der Antrag enthält die in § 43 Abs. 2 MarkenV aufgeführten Mindestangaben. Die Angaben zum Antragsteller genügen insbesondere den Anforderungen des § 43 Abs. 2 Nr. 2 MarkenV. Nach dieser Vorschrift sind der Name und die Anschrift des Antragstellers im Antrag anzugeben. Hierzu enthält der Antrag folgende Angaben:

      "Rechtsanwalt *, *, *

      als Treuhänder der Netzinitiative "Webspace"".

      Der Zusatz "als Treuhänder der Netzinitiative "Webspace"" ändert nichts daran, dass Rechtsanwalt * alleiniger Antragsteller und Partei ist. Ein Treuhänder kann typischerweise nach außen über das Eigentum und sonstige Rechte oder Forderungen im eigenen Namen als Berechtigter verfügen. Ferner hat Rechtsanwalt * in der Anhörung ausdrücklich bestätigt, Antragsteller in diesem Löschungsverfahren zu sein.

    2. Der Löschungsantrag ist auch begründet.

      Die Marke 398 06 414.8/42 ist entgegen § 8 Abs. 2 Nr. I MarkenG eingetragen worden. Dieses Schutzhindernis besteht noch heute fort (§ 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG). Die Marke 398 06 414.8/42 ist daher gemäß § 50 Abs. l Nr. 3 MarkenG zu löschen.

      Der angegriffenen Marke fehlte schon im Zeitpunkt der Eintragung das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. I MarkenG. Das gilt nicht nur für das Dienstleistungsverzeichnis, wie es der Eintragung zugrunde liegt, sondern auch für die hilfsweise beanspruchte eingeschränkte Fassung.

      Unterscheidungskraft in diesem Sinne ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren/Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hierbei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, da der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, und es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die in Frage stehenden Waren/Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffs-

      gehalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort in der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass einem als Marke verwendeten Wortzeichen die vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit Unterscheidungskraft fehlt (Premiere 11 - BGH GRUR 1999, Seite 728 f).

      Gemessen an diesen Anforderungen fehlt es "WEBSPACE" am erforderlichen Mindestmaß von Unterscheidungskraft.

      "Webspace" ist ein Kunstwort, das sich aus der auf dem vorliegenden Dienstleistungsgebiet einschlägigen Abkürzung "Web" (für world wide web) und dem englischen Grundwort "space" (= Raum) zusammensetzt. Dem folgend hat auf dem Gebiet der beanspruchten Dienstleistungen "Webspace" die Bedeutung von "Raum, Platz, den das world wide web im Cyberspace einnimmt" (Langenscheidts Internet-Wörterbuch Englisch-Deutsch, Völlige Neuentwicklung 1997, Seite 117). Darüber hinaus versteht man unter "Webspace" - in einschränkender Weise gebraucht - den "Speicherplatz, den ein Internet-Provider gegebenenfalls auf seinem Server für die Homepages seinen Kunden zur Verfügung stellt" (Langenscheidts Internet-Wörterbuch 1997-1999).

      In diesem Sinne war "WEBSPACE" im Zeitpunkt der Eintragung des angegriffenen Zeichens, am 7. Juni 1999, bereits ein eingeführter Fachbegriff im Internet. So findet sich schon vor Eintragung des angegriffenen Zeichens eine sachbezogene Verwendung von "Webspace", sei es in Alleinstellung oder in Kombination mit weiteren Bestandteilen in der Literatur, in Anzeigen und der Rechtsprechung. Als Beispiel für viele sei genannt: "Webspace" als Kapitelüberschrift in einem Fachbuch ("Die eigene Domain: Publizieren im Internet und professionelles Web-Hosting auf einem virtuellen Server des www-Services" - Till Schwalm, 2. Auflage, 1997 als Kapitelüberschrift "2.1.2 web-space"); "Webspace-Provider" ("Basiswissen Internet" von Ingo Steinhaus, 1998, Seite 49 und 217; Anlage 3.1 und 3.2 zum Schriftsatz des Antragstellers vom 22.09.1999); "Webspace Provider" im Urteil des LG Karlsruhe vom 11.06,1997 (Anlage 4.1 des Schriftsatzes des Antragstellers vom 22.09,1999); "...MB Webspace DM 2,50 ..." im Tatbestand des Beschlusses des LG Köln vom 24.06.1997 - 31 O 517/97 (Anlage 4.2 zum Schriftsatz des Antragstellers vom 22.09.1999); "20 MB Webspace" als Anzeigenwerbung auf einer Rückseite der Fachzeitschrift GT 16/99 (Anlage 5.1 des Schriftsatzes des Antragstellers vom 22.09,1999) und "Die einmalige Webspace Einrichtungsgebühr beträgt eine Monatsmiete, also DM 29,00 bei dem acount für Einsteiger" als Anlage 5.2. des Schriftsatzes des Antragstellers vom 22.09.1999). Mit Blick hierauf werden die betroffenen Verkehrskreise in "Webspace" in erster Linie eine sachbezogene Bezeichnung sehen, mit der auf bestimmte Eigenschaften von Produkten (seien es Waren oder Dienstleistungen) hingewiesen werden soll. Dagegen liegt für die betroffenen Verkehrskreise die Annahme fern, mit "Webspace" soll ein Hinweis auf die Herkunft von Dienstleistungen aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb gegeben werden.

      Dies gilt auch bei der vorliegenden Alleinstellung von "Webspace" als angegriffenes Zeichen in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen. Denn in Bezug auf "Beratung, Konzeption und Gestaltung von Internetpräsentationen sowie Bereitstellung der für die Internetpräsentation benötigten Hardware sowie die Durchführung der technischen Umsetzung, alle vorgenannten Dienstleistungen ausgenommen in Verbindung mit der Überlassung von Massenspeicherkapazitäten an Dritte" wirkt "WEBSPACE" wie eine sachbezogene Bezeichnung, mit der auf eine Nutzung des Raums, den das world wide web im Cyberspace einnimmt (=Webspace), hingewiesen werden soll.

      Damit stellt sich "WEBSPACE" als eine übliche Wortbildung dar, welche allein stets als Sachbezeichnung und nicht als fantasievolle, mehrdeutige Wortneubildung aufgenommen und verstanden wird und die deshalb der notwendigen betriebskennzeichnenden Hinweiskraft ermangelt. Hierzu bedarf es mit Blick auf den im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt auch keiner analysierenden Betrachtungsweise seitens des betroffenen Verkehrs.

      Soweit sich der Antragsgegner auf eine Eintragung ähnlicher Marken durch das Deutsche Patent- und Markenamt beruft, führt dies weder für sich, noch in Verbindung mit dem Gleichheitsgrundsatz und in Erwägung des Vertrauensschutzes zu einer anspruchsbegründenden Selbstbindung des Deutschen Patent- und Markenamtes hinsichtlich der Beurteilung des angriffenen Zeichens. Aus möglicherweise nicht gerechtfertigten Eintragungen kann auch unter Heranziehung des Gleichheitssatzes nach Artikel 3 GG eine Verpflichtung zu einer entsprechenden sachwidrigen Behandlung nicht hergeleitet werden (BGH BIfPMZ 1998, 248 - TODAY, GRUR 1989, 420 - K-SÜD; BPatGE 13,113 - men's club).

      Die Marke 398 06 414.8/42 ist mithin entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG eingetragen worden. Dieses Schutzhindernis besteht auch noch heute (§ 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG). Die Marke ist daher gemäß § 50 Abs. l Nr. 3 MarkenG zu löschen. Auf die Frage, ob die Marke auch entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG eingetragen worden ist oder ob der Anmelder bei der Anmeldung bösgläubig im Sinne des § 50 Abs. l Nr. 4 MarkenG war und auch aus diesen Gründen die Marke zu löschen wäre, kommt es nicht mehr an.

  2. Die Löschungsantragsgebühr war aus Billigkeitsgründen gemäß § 63 Abs. 2 MarkenG zurückzuzahlen. Im Zeitpunkt der Eintragung ist das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. I MarkenG offenkundig nicht beachtet worden, so dass dem Löschungsantrag schon deshalb ohne weiteres stattzugeben war.

  3. Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen gemäß § 63 Abs. l Satz 1 MarkenG bestand kein Anlass.

    Grundsätzlich hat jeder Beteiligte seine Kosten selbst zu tragen. Eine Kostenüberbürdung auf einen der Beteiligten kommt nur in Betracht, wenn dies aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles der Billigkeit entspricht. Solche Umstände sind nicht schon in der bloßen Tatsache des Unterliegens eines Beteiligten zu sehen. Darüber hinaus gehende Umstände, die eine Kostenauferlegung nach billigem Ermessen als angebracht erscheinen lassen, liegen hier nicht vor.

  4. Für eine Aussetzung des Verfahrens besteht keine Rechtsgrundlage. Sie ergibt sich insbesondere nicht aus § 148 ZPO (analog), der die Aussetzung wegen Vorgreiflichkeit regelt. Voraussetzung hierfür wäre, dass die Entscheidung über die Löschung der Marke 398 06 414.8/42 "WEBSPACE" ganz oder zum Teil vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist. Die eingelegten Widersprüche sind nicht vorgreiflich, da die Entscheidung über die Löschung der Marke 398 06 414.8/42 hiervon nicht abhängt. Auch im Übrigen besteht insbesondere unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Löschungsantrages und der (kurzen) Dauer des Löschungsverfahrens kein Anlass zur Aussetzung.

    Auf die im Übersendungsschreiben enthaltene Rechtsmittelbelehrung wird hingewiesen.

Markenabteilung 3.4.

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