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Rechtsprechung

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mitgeteilt von RA Frank Feser (HOELLER Rechtsanwälte)

Leitsätze von RA Feser

Telefondienstvertrag ist Dienstvertrag im Sinne des § 611 BGB.

Der Einwand des Mobilfunkkunden, er habe bestimmte, in den Einzelverbindungsnachweisen aufgeführte Telefonate nicht geführt, da er zu diesen Zeiten abwesend gewesen sei bzw. Nachtruhe gehalten habe, vermag den Anscheinsbeweis für die Richtigkeit der technischen Aufzeichnungen des TK-Anbieters dann nicht zu erschüttern, wenn ein gerichtlicher Sachverständiger Manipulationen mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 : 9999 ausschließt.

Zwar ist ein TK-Unternehmen verpflichtet, hinsichtlich der Einzelgesprächsnachweise auch nach Ablauf der 80-Tage-Frist des § 6 UDSV von einer Löschung abzusehen, wenn der Mobilfunkkunde nicht zahlt. Eine Beweislastumkehr zu Lasten des Mobilfunkkunden kommt indes insoweit in Frage, als dieser seiner Prozeßförderungspflicht nicht genügt.

Die bloße Vermittlung von Telefonsexgesprächen ist als wertneutrales Hilfsgeschäft nicht sittenwidrig nach § 138 BGB.

vgl. bereits: AG Hainichen, Urteil vom 9.3.2000 - 1 C 0169/97 - teilweise abgedruckt in MMR 2000, 378 mit Anmerkungen Feser

12 S 1719/00 LG Chemnitz

1 C 0169/97 AG Hainichen

Verkündet am 25.08.2000

als Urk.beamt.
d. Geschäftsst.

Landgericht Chemnitz

Im Namen des Volkes

Endurteil

In dem Rechtsstreit


  • Klägerin und Berufungsbeklagte,

g e g e n

  • Beklagter und Berufungskläger

wegen Forderung

erlässt das Landgericht Chemnitz - 12. Zivilkammer - durch Richterin am Landgericht ***, Richterin am Landgericht *** und Richter *** aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 1.8.2000 folgendes
Endurteil:
  1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Amtsgerichts Hainichen vom 09.03.2000, Az.: 1 C 169/97, wird zurückgewiesen.
  2. Die Kosten der Berufung hat der Beklagte zu tragen.

T a t b e s t a n d

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die in Form und Frist nicht zu beanstandende Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.

I.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung rückständiger Telefonkosten in Höhe von DM 7.597,81 aus § 611 BGB i.V.m. dem zwischen den Parteien vereinbarten Vertrag zum Mobilfunknetz des Funktelefonanschlusses Nr. *** zu.

1.

Unbestritten haben die Parteien einen Vertrag zu einem Funktelefonanschluss vereinbart. Die Klägerin hat zu dem Mobilfunknetz einen Funktelefonanschluss Nr. *** zur Verfügung gestellt und dem Beklagten die zur Nutzung dieses Mobilfunkanschlusses notwendige Telecard ausgehändigt.

2.

Die Telefonrechnungen für die Bereitstellung des Funktelefonanschlusses mit der Funktelefonnummer *** vom 09.04.1996 über 367,14 DM, vom 08.05.1996 über 3.347,18 DM, vom 11.06.1996 über 2.247,80, vom 09.07.1996 über 1.568,04 DM und vom 10.08.1996 über 67,65 DM ergeben den mit der Hauptforderung verlangten Betrag zu 7.597,81 DM.

3.

Der Beklagte bestreitet, dass die in Rechnung gestellten Einheiten durch ihm zurechenbare Telefonate angefallen sind.

Die Klägerin hat durch das Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. *** den Beweis des ersten Anscheins erbracht, dass die in Rechnung gestellten Einheiten durch den Beklagten zurechenbare Telefonate entstanden sind. Der Sachverständige hat schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass die ihm vorgelegten Einzelverbindungsnachweise der Abrechnungsmonate 05/96 und 06/96 sachlich richtig sind, Fehlschaltungen oder sonstige technische Störungen am Anschluss des Beklagten mit großer Sicherheit auszuschließen sind und aufgrund des Erscheinungsbildes des EVN, die keine Überschneidungen aufgewiesen haben, eine solche Verursachung auch sehr unwahrscheinlich ist. Auch von Einwahlnummer, Dauer und zeitlicher Abfolge hat der Sachverständige die Wählverbindungen für möglich und als vom Teilnehmer herstellbar beurteilt.

Soweit der Beklagte behauptet hat, nicht in seiner Wohnung gewesen zu sein bzw. Nachtruhe gehalten zu haben und daher zum Teil in den Einzelverbindungsnachweisen genannte Telefonate nicht geführt haben zu können, hat der Sachverständige schlüssig und nachvollziehbar darlegt, dass zu den von dem Beklagten behaupteten Zeiten der Abwesenheit bzw. Nachtruhe zu dem Funktelefonanschluss die Mobilbox des Beklagten angewählt worden ist unter Verwendung eines Passwortes, welches regelmäßig nur dem berechtigten Nutzer bekannt ist. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass die Verbindungen von einem Dritten nur hergestellt werden konnten, wenn diesem das Passwort zuvor mitgeteilt worden ist. Dieses Passwort ist vierstellig, die mathematische Zufallswahrscheinlichkeit liegt bei 1:9999.

Damit konnten manipulierte Aufschaltungen bei dem Funktelefonanschluss des Beklagten nach dem nachvollziehbaren Feststellungen und Erläuterungen im Gutachten des Sachverständigen ausgeschlossen werden. Es bestehen weder nachvollziehbare Anhaltspunkte für die Aufschaltung Dritter noch einen Mißbrauch innerhalb der Telekomvermittlungsstelle. Der Sachverständige hat nachvollziehbar dargelegt, dass in diesem Fall sich irgendwann auffällige zeitlich überschneidende Verbindungen in den Einzelverbindungsnachweisen herausgestellt hätten. Dafür geben die Einzelverbindungsnachweise keinen Anhalt. Die Dauer der hergestellten Verbindungen, ohne dass ein Abbruch erfolgt war, läßt nach den Ausführungen des Sachverständigen eine technische Störung ausschließen, zumal zu den von den Beklagten genannten Zeiten, zu denen dieser ausgeschlossen hat, die abgerechneten Telefonate geführt zu haben, auch eine Verbindung unter Eingabe des richtigen Passwortes aufgebaut worden ist. Eine technische Störung kann eine Verbindung unter selbsttätiger Eingabe des richtigen Passwortes nicht aufbauen.

Soweit der Beklagte erstmals im Berufungsverfahren gerügt hat, dass zu den weiteren streitgegenständlichen Rechnungen Einzelverbindungsnachweise nicht vorgelegt worden sind, ist dieser wegen Verletzung der Prozeßförderungspflicht nach §§ 528 II, 282 ZPO mit diesem Bestreiten ausgeschlossen.

Zwar ist dem Beklagten zuzustimmen, dass die Klägerin verpflichtet ist, Einzelverbindungsnachweise zu streitigen Telefonrechnungen vorzulegen. Hierzu wird wegen der Gründe auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle, NJW 1997, S. 568 ff., verwiesen. Auch die aus § 6 Abs. 3 UDSV beruhende Verpflichtung des Unternehmens zur Löschung der Daten 80 Tage nach Rechnungsversendung führt nicht automatisch zu einer Beweislastumkehr des Kunden. Wenn der Kunde die streitgegenständliche Rechnung nicht innerhalb der Frist bezahlt hat, ist das Unternehmen weiterhin auf diese Daten zum Nachweis der Rechnungen angewiesen und kann nach § 6 Abs. 1 UDSV von der Löschung absehen. Solange der Kunde nicht deutlich gegenüber dem Unternehmen zum Ausdruck gebracht hat, dass es auf dem Einzelnachweis nicht mehr ankommt, weil die Rechnungshöhe nicht mehr bestritten wird, kann das Unternehmen daher auch aus datenschutzrechtlicher Sicht von einer Löschung absehen, da die Einzelverbindungsnachweise im Prozeß zur Prüfung von dem Unternehmen vorzulegen sind.

Im vorliegenden Fall haben die Parteien jedoch in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Hainichen vom 05.02.1998 ausdrücklich nur die Einzelverbindungsnachweise zu den Rechnungen vom 08.05. und 11.06.1996 zur Uberprüfung durch ein Sachverständigengutachten gestellt. Diese Einzelverbindungsnachweise sind von der Klägerin vorgelegt und durch Sachverständigengutachten geprüft worden. Das erstmalige Vorbringen, auch zu den weiteren Rechnungen Einzelverbindungsnachweise und die Prüfung durch Sachverständigengutachten zu verlangen, stellt eine Verletzung der Prozeßförderungspflicht nach §§ 528, 282 ZPO dar und würde zu einer Verzögerung des im Übrigen entscheidungsreifen Rechtsstreites führen, da noch ein weiteres Sachverständigengutachten zu erholen wäre.

4.

Dem Beweisangebot Zeugen zu der Behauptung des Beklagten zu hören, er sei zu bestimten Zeiten nicht zu Hause gewesen und habe die Karte stets zu Hause gelassen, so dass er die Telefonate nicht habe führen können, war nicht nachzugehen. Selbst wenn sich herausstellt, dass der Beklagte zu den genannten Zeiten nicht zu Hause war, zu denen Telefonate abgerechnet worden sind, ist der Beweis des ersten Anscheines nicht erschüttert, da ein Mißbrauch auch durch ein dem Beklagten zurechenbarer Personenkreis zu einer Zahlungspflicht des Beklagten führt. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten schlüssig dargelegt, dass insbesondere die Anwahl des eigenen Mobilfunkanschlusses und die Verwendung des nur dem Beklagten bekannten Passwortes nur den Schluss zulassen, dass entweder der Beklagte oder eine dem Beklagten zurechenbare Person, der das Passwort vom Beklagten mitgeteilt worden ist, die Telefonate geführt haben.

5.

Die Frage, ob angewählte 0190 Gesprächsverbindungen dem Bereich Telefonsex zuzuordnen sind, kann offenbleiben. Der Beklagte bleibt in jedem Fall gegenüber der Klägerin vergütungspflichtig. Die Herstellung der Verbindung durch die Klägerin ist als wertneutrale Dienstleistung nicht sittenwidrig nach § 138 BGB.

II.

Zum Zinsbegehren und den Inkassokosten als teilurteilsfähige selbständige Posten sind weitere Einwände nicht in der Berufungsschrift vorgebracht worden (vgl. Zöller-Gummer, § 5l9, Rdnr. 38). Insoweit war die Entscheidung zu bestätigen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Unterschriften