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Rechtsprechung

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mitgeteilt von RA Boris Hoeller ( HOELLER Rechtsanwälte )

Info

Wird ein auf Verkehrsdurchsetzung eines beschreibenden Begriffs gestützter Unterlassungsanspruch gegen den Inhaber einer Domain geltend gemacht, so gelten die allgemeinen Prioritätsregeln, so dass ein Antrag nur dann Erfolg haben kann, wenn die Verwendung der Domain nach dem behaupteten Verkehrsdurchsetzungszeitpunkt begonnen hat.

Objektive Anhaltspunkte dafür, dass ein durchschnittlicher Internetbenutzer beim Aufruf der mit "Schuelerhilfe.de" überschriebenen Seiten erwartet, ein nach pädagogischen Gesichtspunkten aufbereitetes lnformationsforum vorzufinden, bestehen nicht. Vielmehr stellt es eine internettypische Erfahrung dar, dass unterschiedlichste Inhalte ohne Anspruch auf Vollständigkeit oder Richtigkeit zur Kenntnis gebracht werden (vgl. hierzu OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 12. September 2002, Az: 6 U 128/01 'drogerie.de' ).

LG Düsseldorf Urteil vom 27. September 2002 Az.: 38 O 92/02 'schuelerhilfe.de' - rechtskräftig
(Anm.: Die Parteien haben nach der 1. Instanz unter Aufrechterhaltung ihrer Rechtsstandpunkte zur Vermeidung weiterer Prozesskosten und der Herstellung des Rechtsfriedens einen Vergleich geschlossen; die Domain wurde unter der Bedingung der Einhaltung einer Aufbrauchsfrist transferiert.)

38 O 92/02 Verkündet am 27.09.2002


JA
als Urkundbeamter
der Geschäftsstelle

Landgericht Düsseldorf

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

  • *

    Klägerin,

g e g e n
  • *

    Beklagte,

    Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt Höller in Bonn -


hat die 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 16. August 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht *, den Handelsrichter * und den Handelsrichter *
für R E C H T erkannt
  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
  3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.500,00 EUR vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheitsleistung kann durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

T a t b e s t a n d

Die am 17.05.1999 ins Handelsregister eingetragene Klägerin bietet über Franchise-Unternehmer und Niederlassungen Nachhilfeunterricht für Schüler an. Sie ist Inhaberin verschiedener Wortbildmarken, deren Wortbestandteil jeweils "Schülerhilfe" lautet. Im Internet bietet sie ihre Leistungen u.a. unter den Domain-Bezeichnungen "Schuelerhilfe. net", "Schuelerhilfe.com", "Schuelerhilfe-online.de" und "ABC-Schuelerhilfe.de" an.

Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2) ist, betreibt neben dem Handel mit Dachbaustoffen u.a. sogenannte lnternetportale. Er hat eine Vielzahl vorwiegend generischer Domainbezeichnungen für sich registrieren lassen und bietet dort die Möglichkeit, zu den jeweiligen Themen gewerbliche oder private Inhalte zu veröffentlichen. So unterhält die Beklagte zu 1) unter der seit 1997 registrierten Domain "Schuelerhilfe.de" ein Portal zum Absatz und zur Förderung von Dienstleistungen zur Hilfeleistung für Schüler, auf dem neben dem Hinweis: 'Bitte verwechseln Sie uns nicht mit der unter "Schuelerhilfe" in 45894 Gelsenkirchen firmierenden Tochter der .... die Sie unter ... finden', auch Werbung von Konkurrenten der Klägerin veröffentlicht ist.

Die Klägerin sieht in der Verwendung des Begriffs "Schülerhilfe" einen Verstoß gegen die §§ 12 BGB, 14/15 MarkenG und § 3 UWG. Der Begriff sei im Jahr 1974 von den Gründern der Klägerin als Eigenschöpfung kreiert worden. Die Beklagten benutzten den markenrechtlich auch durch Verkehrsdurchsetzung geschützten Begriff in verwechslungsfähiger Weise. Mangels redaktioneller Bearbeitung durch eine fachkundige Person werde die Bezeichnung irreführend verwendet.

Die Klägerin beantragt,

Die Beklagten beantragen,

Sie halten den Klageantrag für zu unbestimmt und zu weit gefasst. Im übrigen sei der Begriff "Schülerhilfe" rein beschreibend und daher nicht schutzfähig. Auch die Klägerin verwende ihn in diesem Sinne. Jedenfalls bestehe keine Verwechslungsgefahr, da die Beklagte zu 1) ein Portal mit vielfältigen lnformationen anbiete. Weder Namens- noch Wettbewerbsrecht seien neben markenrechtlichen Ansprüchen anzuwenden, relevante Fehlvorstellungen würden nicht erfolgt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die Klage ist zulässig aber unbegründet.

Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit des Klageantrages zu Ziff. 1. bestehen insoweit nicht, als das Begehren der Klägerin ausreichend deutlich umschrieben ist. Sie will jegliche Verwendung der Bezeichnung im Zusammenhang mit den aufgeführten Dienstleistungen im geschäftlichen Verkehr untersagt wissen. Ob das beanstandete Verhalten einen solch weitgehenden Schutz rechtfertigen kann und rechtfertigt, ist eine Frage der Begründetheit des Anspruches.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Unterlassung der Bezeichnung "Schülerhilfe" gemäß § 15 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 4 MarkenG.

Die Beklagten benutzen kein der geschäftlichen Bezeichnung der Klägerin ähnliches 7eichen unbefugt in einer zu Verwechslungen geeigneten Weise. Die geschäftliche Bezeichnung der Klägerin lautet "ZGS Zentrale Gelsenkirchener Schülerhilfe GmbH". Innerhalb dieser aus mehreren Bestandteilen zusammengesetzten Bezeichnung kommt dem Bestandteil "Schülerhilfe" allein kein Kennzeichnungskraft zu. Es handelt sich um eine den Geschäftsgegenstand beschreibende Bezeichnung, die nur in der Kombination mit den weiteren Bestandteilen die Klägerin als Unternehmen individualisiert und von anderen Unternehmen oder Institutionen, die Schülern Hilfe anbieten, unterscheidbar macht. Auch wenn es sich um eine relativ neue Wortschöpfung handeln mag, sind doch sowohl die Bestandteile "Schüler" und "Hilfe" ebenso der deutschen Umgangssprache entnommen, wie die Kombination üblichen Regeln folgt, indem das Wort "Hilfe" verwendet und eingegrenzt wird (vgl. Putzhilfe, Sporthilfe, Gehhilfe etc.). Der Name der Klägerin weist durch die Buchstabenkombination am Anfang und die örtliche Bestimmung Gelsenkirchen besondere lndividualisierungsmerkmale auf, ohne die von einer das Unternehmen kennzeichnenden geschäftlichen Bezeichnung nicht gesprochen werden kann.

Ein Unterlassungsanspruch ergibt sich auch nicht aus § 14 Abs. 2 Nr. 2 in Verbindung. mit Abs. 5 MarkenG. Die für die Klägerin geschützten Marken sind Wortbildmarken. Als Wortmarke ist die Bezeichnung "Schülerhilfe" bisher nicht eingetragen. Zwar dürfte grundsätzlich dem Wortbestandteil bei Wortbildmarken eine prägende Kraft zuzumessen sein, so dass der Wortbestandteil auch isoliert Schutz genießen kann. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall, weil der Wortbestandteil ausschließlich aus Angaben besteht, die im allgemeinen Sprachgebrauch zur Bezeichnung von Dienstleistungen üblich geworden sind, § 8 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG. Schülerhilfe ist als Gattungsbezeichnung für gewerbliche und nicht kommerzielle Unterstützungsleistung für Schulbesucher anzusehen. Eine markenmäßige Kennzeichnungskraft gewinnen die Zeichen mit den Nummern 1113855, 1118948, 2009778, 2009779, 2033751 ebenso wie die für die Beklagte zu 1) geschützte Marke 30116453. 3 erst durch die besonderen grafischen Darstellungsformen. Nur durch die bildlichen Elemente und die Besonderheiten der Schreibweise sind diese in ihren Wortbestandteilen sonst gleichen Marken voneinander zu unterscheiden. Eine verwechslungsfähige Benutzung irgendeines grafischen Elements der geschützten Marken durch die Beklagten behauptet die Klägerin selbst nicht.

Ein Unterlassungsanspruch ergibt sich auch nicht aus der von der Klägerin erstmals im Schriftsatz vom 16. August 2002 geltend gemachten Verkehrsdurchsetzung. Zum einen weisen die von ihr gleichzeitig vorgelegten Unterlagen der Studiengruppe für Markt- und Motivforschung aus, dass nicht etwa in neutraler Fragestellung der Begriff "Schülerhilfe" bei der Gesamtbevölkerung nachgefragt worden ist, vielmehr wurde ein "gestützter Bekanntheitsgrad (Listenvorgabe)" mit 76 % angegeben. Zum anderen gelten aber auch bei einer etwaigen Verkehrsdurchsetzung weiterhin die Prioritätsgrundsätze. Die Beklagten verwenden die streitige Domain bereits vor einer etwaigen Verkehrsdurchsetzung der Klägerin, die sie selbst erst für das Jahr 2000 geltend macht.

Ob angesichts des schon durch die Rechtsform der Beklagten zu 1) bedingt gewerblichen Auftretens der Beklagten Raum für die Anwendung von § 12 BGB ist, erscheint vor dem Hintergrund der insoweit als gefestigt anzusehenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. BGH WRP 2002, 694 Shell.de -) erheblich zweifelhaft. Jedenfalls aber gelten die Ausführungen zu § 15 MarkenG entsprechend. Die Beklagte zu 1) gebraucht nicht den gleichen Namen wie die Klägerin, sondern einen lediglich beschreibenden Teil des Firmennamens.

Wettbewerbsrechtlich begründete Unterlassungsansprüche scheiden ebenfalls aus. Eine im Sinne von § 1 UWG sittenwidrige Behinderung liegt schon deshalb nicht vor, weil die Klägerin zum einen über Möglichkeiten der Internetpräsenz tatsächlich verfügt, zum anderen sogar auf der Seite der Beklagten zu 1) ein Hinweis zur Unterscheidung von der Klägerin enthalten ist.

Fine Irreführung im Sinne von § 3 UWG ist nicht erkennbar. Objektive Anhaltspunkte dafür, dass ein durchschnittlicher Internetbenutzer beim Aufruf der mit "Schuelerhilfe.de" überschriebenen Seiten erwartet, ein nach pädagogischen Gesichtspunkten aufbereitetes lnformationsforum vorzufinden, bestehen nicht. Vielmehr stellt es eine internettypische Erfahrung dar, dass unterschiedlichste Inhalte ohne Anspruch auf Vollständigkeit oder Richtigkeit zur Kenntnis gebracht werden.

Da somit aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt die Unterlassung der Verwendung des Begriffs "Schülerhilfe" verlangt werden kann, bedarf es keiner Ausführungen dazu, ob die Beschränkung auf Dienstleistungen der Klasse 41 im Klageantrag zu 1. zutreffend gewählt ist, und ggf. § 23 Nr. 3 MarkenG zu beachten wäre.

Der Antrag, die Löschung der Domain "Schuelerhilfe.de" zu veranlassen, ist als Konkretisierung des Unterlassungsbegehrens und Störungsbeseitigung anzusehen, die mangels Unterlassungsanspruch nicht verlangt werden kann.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 ZPO.

Der Streitwert wird auf 50.000,00 EUR festgesetzt.

Unterschriften