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Rechtsprechung

online

mitgeteilt von RA Boris Hoeller ( HOELLER Rechtsanwälte )

Leitsätze von RA Hoeller:

Wird bei Anwahl einer Domain der Internetnutzer automatisch weitergeleitet, so liegt keine markenmäßige Nutzung der Domain vor.

Auch aus §§ 3, 4 Nr. 9 b) oder Nr. 10 UWG sind die Ansprüche nicht begründet.

LG Köln, Urteil vom 22. Dezember 2005 Az.: 84 O 55/05 'bahnhoefe.de' (rechtskräftig - die beim OLG Köln von der Klägerin eingelegte Berufung wurde nach Ankündigung eines Beschlusses nach ZPO § 522 Abs. 2 zurückgenommen - Az.: 6 U 29/06)

84 O 55/05 Verkündet am 22. Dezember 2005

Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

Landgericht Köln

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

  • der *

    Klägerin

g e g e n
  • die * GmbH

    Beklagte

    - Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte Hoeller in Bonn -


hat die 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 10. Oktober 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht E*
für R E C H T erkannt:
  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
  3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

T a t b e s t a n d

Die Klägerin ist eine Tochter der Deutschen Bahn AG und ist Eigentümerin nahezu aller Personenbahnhöfe in Deutschland. Die Unternehmen der Deutsche-Bahn-Gruppe bieten ihre Leistungen im Internet unter dem Portal www.bahn.de an. Die Domain bahnhof.de der Muttergesellschaft der Klägerin leitet automatisch zu diesem Portal weiter.

Die Beklagte ist Inhaberin der Domain „bahnhoefe.de„, die für sie seit dem 21. 5. 1999 registriert ist. Bei Anwahl dieser Domain wird der Internetnutzer automatisch auf das von der Beklagten betriebene Reiseportal „tourinaut.de„ weitergeleitet, unter dem Reisen u.ä. angeboten werden, die online gebucht werden können.

Die Klägerin sieht die Domainbezeichnung als wettbewerbswidrig an und fordert Unterlassung und Löschung. Bei dem Wort „Bahnhof„ bzw. dessen Plural „Bahnhöfe„ handele es sich nicht um einen jedermann gleichermaßen offen stehenden Gattungsbegriff, sondern um eine Bezeichnung, die etymologisch untrennbar mit der deutschen Eisenbahn verbunden sei. Die Eisenbahn sei in Deutschland jedoch unstreitig bis vor kurzem ausschließlich von der Deutschen Bahn betrieben worden. Vor diesem Hintergrund habe an der Verwendung des Gattungsbegriffs „Bahnhöfe„ nicht jedermann ein gleich geordnetes Verwendungsinteresse, sondern ein originäres Verwendungsrecht stehe allein der mit diesen Begriffen historisch und faktisch untrennbar verbundenen Klägerin zu. Ordne der Verkehr den Begriff „Bahnhöfe„ der Deutschen Bahn zu und erwarte er unter dieser Internetadresse deren Informationen, nutze die Beklagte den Ruf der Bahn in unlauterer Weise aus. Im übrigen seien die Ansprüche auch unter dem Gesichtspunkt der gezielten Behinderung begründet.

Die Klägerin beantragt,

Die Beklagte beantragt,

Die Beklagte sieht die geltend gemachten Ansprüche weder auf der Grundlage des UWG noch des Markenrechts als gegeben an.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die von ihnen überreichten Unterlagen verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die Klage ist nicht begründet.

Markenrechtliche Ansprüche werden von der Klägerin nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich, weil der Begriff „Bahnhöfe„ seitens der Klägerin nicht markenmäßig verwendet wird.

Auch aus §§ 3, 4 Nr. 9 b) oder Nr. 10 UWG sind die Ansprüche nicht begründet.

Den Begriff „Bahnhöfe„ versteht der Verbraucher als Bezeichnung von Lokalitäten völlig neutral und ohne irgendwelche aus diesem Begriff hergeleitete Wertvorstellungen. Er betrachtet „Bahnhöfe„ als Ausgangs- oder Zielorte von Reisen oder als Stationen, auf denen er das Verkehrsmittel, mit denen er die Reise unternimmt, zu wechseln hat, wobei es sich bei diesen Verkehrsmitteln keineswegs ausschließlich um solche der Deutschen Bahn handeln muß. Bahnhöfe sind häufig Verkehrsknotenpunkte, die Umsteigmöglichkeiten von der Bahn auf den regionalen oder städtischen Verkehr erlauben.

Der Begriff „Bahnhöfe„ ist im übrigen auch insoweit neutral, als er nicht nur für im Eigentum der Klägerin befindliche Bahnhöfe in Deutschland steht, sondern für Bahnhöfe überhaupt, ob sie nun in Deutschland oder im Ausland gelegen sind. Eine Assoziationskette „Bahnhöfe„ – „Schienenverkehr„ – „Eisenbahn„ – „Deutsche Bahn„ sieht die Kammer deshalb als völlig fernliegend an. So wie die Deutsche Bahn im Schienenverkehr Wettbewerber zulassen musste, so können auch die Klägerin und die Deutsche Bahn den Gattungsbegriff „Bahnhöfe„ nicht für sich monopolisieren. Daher scheidet auch eine Ausnutzung der Wertschätzung, die die Leistungen der Klägerin genießen mögen, aus, zumal der allgemeine Begriff „Bahnhöfe„ nicht für einige ganz bestimmte Bahnhöfe steht, deren früher eher negatives Image (wobei „Bahnhof„ und „Bahnhofsgegend„ ohnehin eher nicht positiv besetzt sind) die Klägerin aufgrund ihrer Ausbauleistungen zu verbessern vermochte.

Soweit sich die Klägerin auf den Gesichtspunkt der gezielten Behinderung berufen hat, ist von ihr nicht vorgetragen worden, worin dieser bestehen soll. Zur werblichen Darstellung ihrer selbst bzw. ihrer Leistungen im Internet bedarf sie einer solchen Domain nicht, was sich schon daraus ergibt, dass sie seit der Registrierung der Domain für die Beklagte im Jahre 1999 offenbar ohne Probleme ohne eine solche Domainadresse ausgekommen ist.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

Streitwert: € 100.000,00

Unterschrift(en)