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Rechtsprechung

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mitgeteilt von RA Boris Hoeller ( HOELLER Rechtsanwälte )

6 U 115/00
Verkündet am 13.06.2001

Oberlandesgericht Köln

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

  • *

    Klägerin

g e g e n
  • *

    Beklagte zu 1.)

  • *

    Beklagte zu 2.)


hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 11. Mai 2001
für R E C H T erkannt

Auf die Berufung wird das am 18. Mai 2000 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln (31 0 1066/97) abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch eine Sicherheitsleistung in Höhe von 170.000,00 DM abwenden, sofern nicht die Beklagten zuvor eine entsprechende Sicherheitsleistung anbieten. Den Parteien wird nachgelassen, die Sicherheit auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.

T a t b e s t a n d

Die Klägerin ist Inhaberin der Marken "S-Klasse", "C-Klasse" und "V-Klasse". Daneben sind zu ihren Gunsten zahlreiche – auf Blatt 109 bis 113 d. A. im einzelnen aufgeführte – Bezeichnungen, die sie zur Kennzeichnung der einzelnen Fahrzeugmodelle verwendet oder verwenden will, als Marken registriert. Von den als Marken eingetragenen insgesamt 115 Modellbezeichnungen bestehen 96 aus der Kombination eines oder mehrerer Buchstaben mit einer diesem/diesen nachgestellten dreistelligen Zahl (z. B. : "S 280", "E 300", "C 220", "M 500", "ML 270", "V 270", "A 120", "CL 400", "CLK 280", "SL 500" und SLK 320"). Bei insgesamt 19 Kennzeichen ist die Modellbezeichnung aus der Kombination eines/mehrerer Buchstaben mit einer zweistelligen Zahl gebildet (z. B. "E 50", "C 38", "M 50", "ML 43", "CL 60", "SL 60", "SLK 38"). Die erwähnten Modell-Bezeichnungen verstehen sich vor folgendem Hintergrund: Die Nomenklatur der Klägerin wird zunächst bestimmt durch die Klassen. Nach Buchstaben in "aufsteigender Reihe" ordnet die Klägerin zunächst ihre Limousinenbaureihe in "C-Klasse", "E-Klasse" und "S-Klasse", aus denen sie sodann die einzelnen Modelle "ableitet". Daneben existieren eigenständige Baureihen, die sie mit "M-Klasse", "V-Klasse" und "A-Klasse" bezeichnet. Innerhalb der Klassen spezifiziert die Klägerin ihr Programm in "Familien". So existiert innerhalb der "C-Klasse" die "Coupé" – bzw. "CL-Familie", die wiederum als Untergruppe die CLK-Bezeichnung aufweist, wobei "CLK" für das "kleine Coupé" und "CL" für das große Coupé steht. Innerhalb der "S-Klasse" existiert die Familie der "Roadster" bzw. die "SL-Familie", wobei "SL" wiederum für den großen Roadster, "SLK" für den kleinen Roadster steht. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen der Klägerin auf Blatt 108 ff. d.A. Bezug genommen. Die den Buchstaben nachfolgenden Zahlen geben überwiegend den Hubraum des jeweiligen Modells an, beruhen teilweise aber auch auf anderen, von der Klägerin nicht näher erläuterten Erwägungen.

Die Klägerin ist ferner Inhaberin des mit Priorität zum 07.02.1967 als durchgesetzte Marke für Sportwagen gemäß § 4 Abs. 3 WZG eingetragenen Zeichens "SL", das seit Mitte der fünfziger Jahre für hochklassige Sportwagen benutzt worden ist. Unter dem Datum des 07.05.1996 hat sie ferner den Buchstaben "S" für die Waren "Kraftfahrzeuge und deren Teile (soweit in Klasse 12 enthalten)" nach Maßgabe von § 8 Abs. 3 Markengesetz als durchgesetzte Marke zur Eintragung angemeldet (Markenanmeldung 396 20 862.2). Das DPA hat die Eintragung wegen eines i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 2 Markengesetz bestehenden – erhöhten – Freihaltebedürfnisses versagt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Klägerin hat das Bundespatentgericht mit Beschluss vom 16.09.1998 – 28 W (pat) 249/97 – zurückgewiesen (vgl. Anlage B 66). Die Beklagte zu 1) war Inhaberin der im Tenor des landgerichtlichen Urteils im einzelnen aufgeführten Marken, die ganz überwiegend jeweils aus einer Kombination der Buchstaben "S", "C" und "V" mit einer zweistelligen Zahl gebildet sind, der teilweise noch weitere Zusätze angefügt werden. Diese Marken, die im Verlauf des vorliegenden Rechtsstreits auf ein Unternehmen des Ford-Konzerns übertragen worden sind (dem VOLVO zwischenzeitlich angehört), werden durch die Beklagte zu 2), die deutsche VOLVO-Vertriebsgesellschaft, genutzt. Diese Marken sind dabei nach folgendem Prinzip gebildet: Der gewählte Buchstabe gibt jeweils einen Hinweis auf die Bauart des Fahrzeuges, wobei "S" für "Sedan" bzw. "Stufenheck" = Limousine steht; "V" ("Van"/"Versatility") steht für "Kombi" und "C" für "Coupé". Die jeweils nachgestellte zweistellige Zahl indiziert die Fahrzeugklasse (z. B.: 40 = Kompakt-/Mittelklasse; 90 = Oberklasse). In der Werbung haben die Beklagten ihre Fahrzeuge ferner mit den Bezeichnungen "Volvo-S-Linie", "Volvo-V-Linie" und "Volvo-C-Linie" benannt. Die Klägerin behauptet darüber hinaus, die Beklagten hätten in der Bewerbung ihrer Fahrzeuge schlicht von "S- "V- und "C-Linie" gesprochen. Die Klägerin hat die Beklagten zunächst – gestützt sowohl auf Markenrecht als auch auf Wettbewerbsrecht – auf Unterlassung der Verwendung der vorbezeichneten Marken sowie der dargestellten Werbebegriffe sowie ferner auf Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen. Die Beklagte zu 1) sollte überdies in die Löschung der vorerwähnten Marken einwilligen. Diesen Löschungsantrag hat die Klägerin sodann zurückgenommen. Nachdem die Beklagten hinsichtlich des gegen die Verwendung der erwähnten Werbebegriffe gerichteten Unterlassungsbegehrens eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben hatten, haben die Parteien die Hauptsache insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Klägerin hat die Klage sodann ausschließlich noch auf § 1 UWG gestützt, und zwar unter den Gesichtspunkten der Rufausbeutung und der vermeidbaren betrieblichen Herkunftstäuschung (vgl. Bl. 717 d.A.). Sie habe ein umfassendes Kennzeichnungssystem entwickelt und eingeführt, mit dem sie die einzelnen Fahrzeuge als Produkt ihres Hauses kennzeichne. Der Verkehr begreife diese Bezeichnungen als ihre Produktkennzeichen. An dieses Kennzeichnungssystem hingen sich die Beklagten in verwechselbarer Weise ohne sachliche Notwendigkeit an. Müsse sie es hinnehmen, dass die Beklagten sich in der vorgesehenen Breite an ihr Kennzeichnungssystem anhängten, ja geradezu sich in dieses hineinschöben, so würde das zu einer Zerstörung ihres Kennzeichnungssystems führen, insbesondere dann, wenn – was der Fall sei – zugleich die Gefahr einer Nachahmung durch weitere Wettbewerber bestehe.

Die Klägerin hat b e a n t r a g t ,

    1. unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland Fahrzeuge sowie deren Teile unter den nachfolgend wiedergegebenen Kennzeichen feil zu halten, feilhalten zu lassen, in den Verkehr zu bringen, in den Verkehr bringen zu lassen und/oder zu bewerben, sowie bewerben zu lassen,

      1. S 10 S 60
        S 20 S 70
        S 30 S 80
        S 40 S 90
        S 50 S 100
        C 10 C 60
        C 20 C 70
        C 30 C 80
        C 40 C 90
        C 50 C 100
        V 10 V 60
        V 20 V 70
        V 30 V 80
        V 40 V 90
        V 50

        und/oder

      2. S 40 1.6 S 40 1.8
        S 40 2.0 S 40 T4
        S 40 TD
        V 40 1.6 V 40 1.8
        V 40 2.0 V 40 T4
        V 40 TD
        S 70 2.0 S 70 2.5
        S 70 2.5 S 70 2.5 T
        S 70 T5 S 70 R
        S 70 TDI
        V 70 2.0 V 70 2.5
        V 70 2.5 V 70 2.5 T
        V 70 2.3 T AWD
        V 70 T5 V 70 R
        V 70 R AWD
        V 70 TDI V 70 2.5
        C 70 2.5 T C 70 T5
        S 90 3.0 (132 kW)
        S 90 3.0 (150 kW)
        V 90 3.0 (132 kW)
        V 90 3.0 (150 kW)
        S 90 EXECUTIVE
        S 90 EXECUTIVE PLUS
    2. beide Beklagten zu verurteilen, Auskunft darüber zu erteilen, seit wann und in welchem Umfang sie Handlungen gemäß Ziffer 1) bisher begangen haben, insbesondere welche Umsätze sie insoweit getätigt und welche Werbeaufwendungen sie insoweit gemacht haben, und zwar aufgeschlüsselt nach DM-Werten und Kalendermonaten,
  1. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr – der Klägerin – allen Schaden zu ersetzen, der durch die unter Ziffer I 1) gekennzeichneten Handlungen bisher entstanden ist und/oder noch entstehen wird.

Die Beklagten haben b e a n t r a g t ,

    die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben der Klage hauptsächlich entgegen gehalten, die Klägerin begehre einen in dieser Form auch nach wettbewerbsrechtlichen Grundsätzen nicht zu bewerkstelligenden Schutz eines bloßen Markenbildungsprinzips. Dem streitbefangenen Kennzeichnungssystem der Klägerin fehle auch die für den begehrten wettbewerbsrechtlichen Schutz erforderliche wettbewerbliche Eigenart. Hinzukomme, dass ihre, der Beklagten, Kennzeichenstruktur von dem Bezeichnungssystem der Klägerin deutlich abweiche, weshalb der Vorwurf einer vermeidbaren betrieblichen Herkunftsverwechslung ebenso ausscheide, wie derjenige einer unzulässigen Rufausbeutung. Jedenfalls aber stelle es sich als eine mit Artikel 28 EGV unvereinbare Maßnahme dar, wenn man ihnen, den Beklagten, die Verwendung ihrer Kennzeichen, von denen sie zulässigerweise in anderen Mitgliedsstaaten der EU Gebrauch machten, nach nationalem Wettbewerbsrecht nur für den deutschen Raum verbieten würde.

Das Landgericht hat zur Verkehrsbekanntheit des Bezeichnungssystems der Klägerin Beweis erhoben durch Einholung zweier demoskopischer Gutachten des Sachverständigen Q. und der Klage – soweit über sie sachlich noch zu entscheiden war – unter dem Gesichtspunkt der "Verwässerungsgefahr" aus § 1 UWG stattgegeben, wobei es "klarstellend" die Annexbegehren auf Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht auf den 26.05.1997 als den Zeitpunkt der ersten unstreitigen Verletzungshandlung befristet und bezüglich des Antrags zu I 1) den Beklagten untersagt hat, das im einzelnen wiedergegebene "Bezeichnungssystem" zu verwenden.

Da in dem genannten Urteil ein von den Beklagten nach Maßgabe des § 712 ZPO gestellter Vollstreckungsschutzantrag im Tatbestand nicht aufgeführt und im Tenor sowie in den Entscheidungsgründen nicht beschieden worden war, haben die Beklagten beantragt, den Tatbestand des Urteils zu ergänzen und über den Vollstreckungsschutzantrag zu entscheiden. Das Landgericht hat daraufhin die begehrte Tatbestandsberichtigung vorgenommen und zugleich den Vollstreckungsschutzantrag zurückgewiesen.

Gegen das ihnen am 28.06.2000 zugestellte Urteil haben die Beklagten am 28.07.2000 Berufung eingelegt und diese – nach Fristverlängerung bis zum 28.10.2000 – mit einem am 27.10.2000 eingegangen Schriftsatz begründet. Gegen den ihnen am 31.08.2000 zugestellten (Berichtigungs-) Beschluss haben sie am 11.09.2000 "Beschwerde/Berufung" eingelegt und auch diese innerhalb der verlängerten Frist begründet (6 U 163/00). Der Senat hat mit Beschluss vom 3.11.2000 (Bl. 1003 d.A.) beide Sachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Die Beklagten vertiefen im Berufungsverfahren ihre Auffassung, dass die allgemeinen Voraussetzungen wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes gegen Verwässerung im Streitfall nicht gegeben seien. Dieser Verwässerungsschutz sei auf Typologien von Markenserien ohnehin nicht anwendbar. Es gehe im Streitfall auf beiden Seiten ausschließlich um eingetragene Marken, wodurch dem abschließenden Charakter des Markenschutzes besondere Bedeutung zukomme. Die Auswahl der Buchstaben und ihre Zuordnung zu den Baureihen wiesen keine besondere Originalität auf. Die vom Landgericht eingeholten demoskopischen Gutachten seien unbrauchbar. Auf die vom Landgericht unrichtig behandelten europarechtlichen Fragen komme es infolgedessen nicht an; notfalls sei die Sache dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen: Die Vorlage-Bedürftigkeit gerade bei einer Entscheidung über einen Verwässerungsschutz ergebe sich aus dem Davidoff-Beschluss des BGH. Zudem dürften die Grenzen des harmonisierten Markenschutzes nicht durch einen nationalen wettbewerbsrechtlichen "System"-Schutz unterlaufen werden. Wenn aber eine abschließende Regelung durch die Markenrechtslinie zu verneinen sein sollte, beanspruche Artikel 28 EG unmittelbare Geltung.

Die Beklagten beantragen,

Die Klägerin beantragt,

Beide Parteien beantragen, die Sicherheitsleistung auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen (als Zoll- und Steuerbürgen zugelassenen) Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse abzuwenden.

Die Klägerin tritt der Berufung entgegen und vertieft gleichfalls ihre erstinstanzlichen Rechtsausführungen. Sie hält die demoskopischen Erhebungen des Sachverständigen für methodisch einwandfrei, so dass die gewonnenen Befragungsergebnisse unbedenklich verwertbar seien. Der Hinweis der Beklagten, das Markengesetz gewähre keinen abstrakten Schutz für ein Markenbildungsprinzip als solches, verkenne ihre – der Klägerin – Argumentation. Es gehe gerade nicht um die abstrakte Idee der Zeichenbildung, sondern um ein konkretes, von ihr benutztes Kennzeichnungssystem, für das in seiner bestehenden Form Schutz begehrt werde unabhängig von eventuell dahinterstehenden Zeichenbildungsprinzipien. Diesem System komme eine sehr hohe Bekanntheit zu, wie sich aus den gerichtlicherseits eingeholten Sachverständigen ergebe. Es weise zudem einen besonderen Ruf und Prestigewert auf und genieße hohe Wertschätzung bei den maßgeblichen Verkehrskreisen. Hinzukämen die Luxus- und Prestigevorstellungen, welche die unter dem klägerischen Kennzeichnungssystem vertriebenen PKW auslösten.

Wegen sämtlicher weiterer Einzelheiten des Sachvortrags der Parteien sowie ihrer umfangreichen rechtlichen Ausführungen wird auf die in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze samt der überreichten Anlagen Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die Berufung ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage. Der Klägerin steht der gegen die Verwendung der angegriffenen Bezeichnungen gerichtete Unterlassungsanspruch eben so wenig zu, wie die daneben geltend gemachten Annexbegehren auf Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht.

Der Klägerin kann der für ihr Kennzeichnungssystem nach Maßgabe von § 1 UWG begehrte wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz unter keinem der von ihr geltend gemachten Unlauterkeitsgesichtspunkte zugesprochen werden.

  1. Allerdings kommt im Ausgangspunkt ein solcher selbständiger wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz für das Kennzeichnungssystem der Klägerin neben dem für die einzelnen Markeneintragungen nach den Grundsätzen des Markenrechts gewährten Sonderschutz in Betracht. Wegen der Verschiedenheit der jeweiligen Schutzobjekte besteht insoweit weder ein Konkurrenz- noch ein Ausschlussverhältnis. Während es bei den einzelnen Markeneintragungen um den Schutz der insoweit bestehenden jeweiligen absoluten Rechtspositionen und die Wahrung der Markenfunktionen geht, knüpft der wettbewerbliche Schutz an die unter Benutzung der Marken im Verkehr gegebenenfalls geschaffene Leistungsposition an, die darin besteht, dass sich bei den angesprochenen Adressaten aus der konkreten Art, wie die Klägerin ihre Marken verwendet und zueinander in Beziehung setzt, Vorstellungen betreffend das Prinzip, anhand dessen die einzelnen Marken gebildet und zugeordnet worden sind, und eine aus dieser Erkenntnis abgeleitete Qualitäts- und Herkunftsvorstellung gebildet haben. Kommt somit ein von den jeweils eingetragenen Marken lösgelöster selbständiger wettbewerbsrechtlicher Schutz der aus der Benutzung eines aus mehreren eingetragenen Marken gebildeten Kennzeichnungssystems im Verkehr erworbenen Leistungsposition in Betracht, so hat die wettbewerbsrechtliche Beurteilung gleichwohl dem Umstand Rechnung zu tragen, dass für die einzelnen, innerhalb des Systems benutzten Marken ein Schutz nach Maßgabe des Markengesetzes gewährt wird, das insoweit abschließende Regelungen enthält. Das ergibt sich zum einen aus dem Umstand, dass das Markengesetz innerhalb des Anwendungsbereichs der §§ 14 Abs. 2 Nr. 2 und 3, 15 Abs. 2 und Abs. 3 Markengesetz grundsätzlich eine konkurrierende Anwendung des § 1 UWG ausschließt. Dem aus der Verwendung mehrerer Marken erkennbar gewordenen einheitlichen Zeichenbildungsprinzip bzw. einem insoweit aus der Benutzung erworbenen "Systemschutz" soll innerhalb des Markenrechts grundsätzlich durch die Anerkennung der Verwechselungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens Rechnung getragen werden (vgl. BGH GRUR 1999, 240/241 "Stephanskrone I" – m. w. N.). Dieser Wertung hat die wettbewerbsrechtliche Beurteilung der Schutzwürdigkeit eines aus der Benutzung einer Vielzahl eingetragener Marken gebildeten Bezeichnungssystems Rechnung zu tragen, die nicht allein durch die Summierung der im Verkehr verwendeten, nach dem nämlichen Prinzip gebildeter Zeichen unterlaufen werden darf. Vor diesem Hintergrund setzt der wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz eines "Kennzeichnungssystems" über die bloße Erkennbarkeit des wiederkehrenden, vom Verkehr als Hinweis auf die betriebliche Herkunft begriffenen "Stammbestandteils" einer Zeichenserie bzw. einer insoweit verstandenen, sich wiederholenden Zeichenstruktur das darüber hinaus erkennbar werdende selbständige inhaltliche Ordnungsprinzip voraus, wie die einzelnen Zeichen in eine Beziehung zueinander gesetzt sind, sowie ferner, dass der Verkehr gerade darin einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft erblickt. Zu berücksichtigen ist ferner, dass selbst in den Fällen, in denen mangels ausreichender Verkehrsgeltung einer andernfalls nicht als Marke eintragungsfähigen Bezeichnung die Voraussetzungen für einen kennzeichenrechtlichen Schutz nicht erfüllt sind, mithin die Anwendbarkeit des Markengesetzes mangels geeigneten Schutzobjekts scheitert, bei der Bejahung eines Sittenverstoßes nach § 1 UWG Zurückhaltung geboten ist. Denn auch im Rahmen der Anwendung des § 1 UWG müssen diejenigen Grundsätze beachtet werden, die der Ausgestaltung des Kennzeichenrechts zugrunde liegen. Die Grenzen eines kraft Benutzung gewährten kennzeichenrechtlichen Schutzes, der im Interesse der Rechtssicherheit erst bei einem bestimmten Ausmaß der errungenen Verkehrsbekanntheit, eben der Verkehrsgeltung im Sinne von § 4 Nr. 2 Markengesetz, beginnt, sollen nicht ohne sorgfältige Beachtung aus wettbewerbsrechtlichen Erwägungen ausgedehnt werden. Im Interesse einer möglichst ungehinderten Entfaltung des freien Wirtschaftsverkehrs mutet das Kennzeichenrecht nämlich jedem Inhaber einer gewerblichen Kennzeichnung grundsätzlich zu, die Schwächung seines Kennzeichens durch das Aufkommen benachbarter Kennzeichen solange hinzunehmen, wie die Grenze der Verwechselungsgefahr noch nicht überschritten ist. Eine Auslegung des § 1 UWG, die darauf hinausliefe, schon Annäherungen und eine damit verbundene Schädigung als wettbewerbsrechtlich unzulässig anzusehen, verstieße gegen die Systematik des Wettbewerbs- und Kennzeichenrechts (BGH GRUR 1997, 754/755 – "grau/magenta" -; vgl. auch BGH GRUR 2000, 875/877 – "Davidoff" -). Auch wenn die zuletzt dargestellten Gründsätze nicht zu einer Fallgestaltung entwickelt worden sind, die der hier zu beurteilenden entsprechen, in der es – anders als bei dem der erwähnten "grau/magenta"-Entscheidung des BGHs zugrundeliegenden Sachverhalt – nicht um den wettbewerbsrechtlichen Schutz einer mangels Verkehrsgeltung als Marke nicht eintragungsfähigen Kennzeichnung, sondern darum geht, der aus einer Vielzahl eingetragener Marken gebildeten Struktur eines Bezeichnungssystems einen wettbewerbsrechtlichen Schutz zuzubilligen, muss die dargestellte Zurückhaltung auch hier greifen. Es macht nämlich keinen sachlichen Unterschied, ob ein aus der summierten Verwendung einer Vielzahl von nach dem gleichen Prinzip gebildeten Marken erkennbar werdendes Kennzeichnungssystem, das als solches der Markeneintragung nicht zugänglich ist, einer wettbewerbsrechtlichen Beurteilung unterzogen werden soll, oder ob der Gebrauch einer mangels Verkehrsgeltung als Marke nicht eintragungsfähigen Kennzeichnung einer wettbewerbsrechtlichen Lauterkeitsprüfung unterzogen werden soll.

  2. Vor dem Hintergrund der dargestellten rechtssystematischen Erwägungen und ihrer Auswirkungen auf die Anforderungen betreffend die an die Unlauterkeit des angegriffenen Verhaltens der Beklagten anzulegenden Maßstäbe kann die Verwendung der angegriffenen Kennzeichen der Beklagten nicht als wettbewerbswidrig im Sinne von § 1 UWG eingeordnet werden.

    1. Die Unlauterkeit der Verwendung der angegriffenen Bezeichnungen der Beklagten lässt sich nicht mit dem Aspekt der vermeidbaren betrieblichen Herkunftstäuschung begründen.

      Es mag unterstellt werden, dass der Systematik der klägerseits im Verkehr verwendeten Klassen- und Modellbezeichnungen von Hause aus die erforderliche wettbewerbliche Eigenart, mithin die Eignung zukommt, auf die betriebliche Herkunft hinzuweisen. Mit Blick auf die zahlreichen Interpretationsmöglichkeiten der verwendeten und in bezug zueinander gesetzten Buchstaben und Zahlen kann die wettbewerbliche Eigenart allerdings allenfalls als schwach eingeordnet werden. Ebenso unterstellt werden mag eine aufgrund Benutzung im Verkehr erworbene nicht unerhebliche Bekanntheit und eine darauf beruhende Steigerung der wettbewerblichen Eigenart. Eine "sehr hohe Verkehrsbekanntheit" des Kennzeichnungssystem der Klägerin ist allerdings entgegen der Auffassung des Landgerichtes durch die von ihm eingeholten demoskopischen Gutachten nicht bewiesen. Die vorgelegten Befragungen verhalten sich konkret allein zu Einzelkennzeichnungen der Klägerin, die aus der Kombination von Buchstaben mit dreistelligen Zahlen gebildet sind. Im übrigen ist lediglich abstrakt nach der Bekanntheit von Kombinationen aus "Buchstaben mit anderen, nicht dreistelligen Zahlen" gefragt worden, wobei hierzu jeweils Bekanntheitswerte von unter 2 % bzw. unter 1 % ermittelt worden sind. Es kommt hinzu, dass keinerlei Fragen zur inhaltlichen Bedeutung der jeweils verwendeten Buchstaben/Zahlen in bezug auf das damit jeweils gekennzeichnete Modell gestellt wurden, so dass letztlich eine Aussage, ob die aus der summierten Verwendung der einzelnen Bezeichnungen und ihrer Zuordnung gebildete Systematik bzw. das als wettbewerbliche Leistung zu beurteilende inhaltliche Ordnungsprinzip der von der Klägerin verwendeten Modellbezeichnungen im Verkehr bekannt ist, nicht getroffen werden kann. Letztlich kann das aber dahinstehen, weil jedenfalls die Gefahr betrieblicher Herkunftsverwechselungen in allen in Betracht zu ziehenden Varianten ausscheidet. Die angegriffenen Bezeichnungen der Beklagten weichen in ihrer Systematik deutlich von denjenigen der Klägerin ab. Sie sind ganz überwiegend aus der Kombination eines einzelnen Buchstabens mit einer im Dezimalsystem aufsteigenden zweistelligen Zahl gebildet; lediglich in der Kombination mit den Buchstaben "S" und "C" ist jeweils eine dreistellige Zahl – nämlich 100 – verwendet. Die Beklagten kodieren mit den von ihnen verwendeten Buchstaben und Zahlen überdies inhaltlich andere Aussagen, so dass sie ebenfalls in der Struktur des gedanklichen Ordnungsprinzips von dem klägerischen Bezeichnungssystem abweichen. Demgegenüber bildet die Klägerin die in ihr Bezeichnungssystem eingestellten Kennzeichen ganz überwiegend aus der Kombination einer oder mehrerer Buchstaben mit dreistelligen Zahlen, wobei die Zahl 100 nicht verwendet ist. Die Zahlen selbst sind dabei – anders als dies bei den jeweiligen "10-er-Sprüngen" der Beklagten der Fall ist – aus zwei verschiedenen Ziffern (z. B. "36") gebildet. Es tritt der Umstand hinzu, dass die Modellbezeichnungen der Beklagten unstreitig nur in Verbindung mit der jeweiligen Herstellermarke VOLVO in Gebrauch sind. Vor diesem Hintergrund liegt aber die Annahme fern, dass ein mehr als nur unbeachtlicher Teil des angesprochenen Verkehrs, wenn er auf die von den Beklagten verwendeten Modellbezeichnungen für VOLVO-Fahrzeuge stößt, glaubt, mit dem von der Klägerin für die Kennzeichnung ihrer Mercedes-Fahrzeuge verwendeten Bezeichnungssystem konfrontiert zu sein und daher einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr im engeren Sinne unterliegt. Eben so wenig kann in der dargestellten Situation davon ausgegangen werden, dass ein erheblicher Teil der von den streit- befangenen Produkten angesprochenen Adressaten, denen die Mitglieder des erkennenden Senats zugehörig sind, die Vorstellung entwickeln könnte, es mit einem abgewandelten, gleichwohl aber der Klägerin zuzuordnenden Bezeichnungssystems zu tun zu haben, so dass ein Fall der unmittelbaren Verwechselungsgefahr bestünde. Dem steht entgegen, dass die Klägerin bisher VOLVO-Fahrzeuge nicht angeboten hat. Es scheidet schließlich auch die unmittelbare Verwechselungsgefahr im weiteren Sinne aus, weil nicht ersichtlich ist, dass ein beachtlicher Teil des Verkehrs, der erkennt, dass es sich um verschiedene Bezeichnungssysteme verschiedener Hersteller handelt, die Vorstellung entwickeln könnte, zwischen diesen verschiedenen Unternehmen bestünden organisatorische oder sonstige Beziehungen wirtschaftlicher Art. Angesichts des Umstandes, dass es sich sowohl bei der Klägerin als auch bei der Beklagten um bekannte Automobilunternehmen handelt, die sich als Konkurrenten an einen sich teilweise überschneidenden potentiellen Abnehmerkreis wenden, liegt diese Annahme außerhalb der Lebenserfahrung.

    2. Der Tatbestand einer unlauteren Rufausbeutung durch Annäherung der angegriffenen Bezeichnungen an das Kennzeichnungssystem der Klägerin scheidet ebenfalls aus.

      Voraussetzung hierfür wäre, dass sich die Beklagten mit den von ihnen für die Kennzeichnung ihrer VOLVO-Modelle gewählten Bezeichnungen dem klägerischen Modell-Bezeichnungssystem angenähert hätten, um Gütevorstellungen, die der Verkehr mit den unter diesem Bezeichnungssystem in den Verkehr gebrachten Erzeugnissen verbindet, in unlauterer Weise auszunutzen. Zu fordern ist dabei ein hoher Grad der Bekanntheit und vor allen Dingen ein solches Ansehen des klägerischen Bezeichnungssystems, dass dessen Ausnutzung durch Anlehnung einerseits für den Konkurrenten lohnend und andererseits – wegen des mit dem Bezeichnungssystem durch besondere Leistungen des Inhabers geschaffenen Wertes – objektiv unlauter erscheint (vgl. BGH GRUR 1997, 732 – "McLaren"-; BGH GRUR 1991, 609/612 –"SL"-; BGH GRUR 1983, 247 – "Rolls Royce"). Die danach vorzunehmende Würdigung hat zu beachten, dass die bloße Ausnutzung des guten Rufs als solche kein die Unlauterkeit begründender Umstand ist. Vielmehr erfordert die Beurteilung als sittenwidrig i. S. von § 1 UWG zusätzlich das zur objektiven Rufausbeutung hinzutretende Merkmal der "Anstößigkeit". Letzteres kann regelmäßig erst dann angenommen werden, wenn eine Beziehung des eigenen Angebots zur gewerblichen Leistung eines anderen hergestellt wird, um von dem fremden Ruf zu profitieren (BGH GRUR 1997, 311/312 – "Yellow Phone" -). So liegt der Fall hier jedoch nicht.

      Bereits der objektive Tatbestand einer Rufausbeutung liegt nicht vor. Von der Klägerin sind keine Tatsachen ins Feld geführt worden oder sonst ersichtlich, welche die Annahme rechtfertigen könnten, die über die bloße Summierung der Einzelkennzeichen hinausgehende Systematik und Struktur des Bezeichnungssystems sei überhaupt Träger eines Images/Ansehens der Mercedes-Fahrzeuge. Einen solchen guten Ruf wird der Verkehr in aller Regel mit der Wort- und Bildmarke der Klägerin ("MERCEDES / "STERN IM KREIS") verbinden, nicht aber mit der Systematik der nach einem bestimmten gedanklichen Ordnungsprinzip in eine Beziehung zueinander gesetzten Modellbezeichnungen, die er in erster Linie als Mittel der technischen Unterscheidung und Klassifizierung der aus einem bestimmten Hause stammenden Modelle versteht. Dabei mag es bei einzelnen Modellbezeichnungen, die beispielsweise eine besondere Hochwertigkeit/Hochpreisigkeit eines bestimmten Modells (z.B. "SL" oder "S") und einen damit verbundenen Prestigewert indizieren, anders liegen. Bei der hier vorzunehmenden wettbewerbsrechtlichen Beurteilung geht es indessen nicht um die mit einzelnen Modellbezeichnungen oder ihrer bloßen summierten Verwendung im Verkehr gegebenenfalls verbundenen Vorstellungen, sondern um die Frage, ob durch das dem klägerseits gebrauchten Bezeichnungssystem zugrundeliegende und dem Verkehr erkennbar gemachte gedankliche Ordnungsprinzip, wie die einzelnen Bezeichnungen in eine Zuordnung zueinander gebracht sind, eine Gütevorstellung hervorgerufen wird. Alles spricht aber dagegen, dass der Verkehr allein deshalb, weil die Klägerin ein logisch aufgebautes Bezeichnungssystem ihrer Modelle gewählt hat, an die Qualität der von der Klägerin unter den einzelnen Modellbezeichnungen und ihren sonstigen Marken vertriebenen Kraftfahrzeuge erinnert wird. Zutreffend hat die Klägerin selbst (Blatt 1058 d.A.) formuliert:

      "Die unter dem Kennzeichnungssystem ... vertriebenen PKW lösen bei den maßgeblichen Verkehrskreisen konkrete Gütevorstellungen zum einen bezüglich der überragenden Produktqualität aus. Die klägerischen PKW genießen zum anderen den Ruf, erstklassige, hochwertige Fahrzeuge zu sein, die in jeder Hinsicht ... zu der Weltspitzenklasse gehören."

      In der Tat lösen die unter dem Kennzeichnungssystem der Klägerin vertriebenen PKW die entsprechenden Vorstellungen aus. Das aber liegt an dem erstklassigen Ruf, den die Marken genießen, welche der Klägerin zugeordnet werden, nicht aber an einem irgendwie gearteten Kennzeichnungssystem, das mehr sein will als die bloße Markensumme.

      Die Klägerin hat in der mündlichen Berufungsverhandlung dagegen eingewandt, es gehe ihr nicht um die abstrakte Idee einer irgendwie gearteten systematischen Zeichenbildung, sondern ihr konkret benutztes Kennzeichnungssystem solle geschützt werden. Indessen setzt jeder Systemschutz ein bestimmtes – und sei es auch sehr konkretes – Ordnungsprinzip voraus, sonst geht es allein um den Schutz mehrerer gemeinsamer Marken, mithin deren bloßer Summe. Geht es aber allein um den Schutz einer Summe von Marken, so hat der Markeninhaber für etwaige Ansprüche sich auf die markenrechtlichen Grundlagen zu stützen und kann nicht auf diese verzichten, um dann sogleich über den allgemeinen wettbewerbsrechtlichen Unlauterkeitstatbestand zu versuchen sein Begehren durchzusetzen.

      Selbst wenn entgegen allem Vorstehenden davon auszugehen wäre, dass das Bezeichnungssystem der Klägerin dennoch Träger eines guten Rufes ist, wären aber die weiteren Voraussetzungen des für den objektiven Rufausbeutungstatbestand erforderlichen Ruftransfers nicht erfüllt. Wie bereits unter II. 1 bei der Erörterung der betrieblichen Herkunftstäuschung ausgeführt, weichen die von den Beklagten gewählten Bezeichnungen deutlich von denjenigen der Klägerin ab und folgen auch einer anderen inneren Logik, so dass die Annahme fernliegt, die Beklagten würden einen mit der inhaltlichen Struktur des Kennzeichnungssystems der Klägerin etwa verbundenen guten Ruf auf ihre Erzeugnisse umleiten.

      Auch die eingangs dargelegten Anforderungen an den subjektiven Unterlauterkeitstatbestand können nicht festgestellt werden. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagten – wenn überhaupt – nur deshalb eine Beziehung der eigenen Modellbezeichnungen zu dem Kennzeichnungssystem der Klägerin hergestellt haben, um von deren Ruf zu profitieren. Insoweit kann nicht übersehen werden, dass bei KFZ-Modellbezeichnungen der Gebrauch von Buchstaben und Zahlen verbreitet ist, wobei auch gerade die von den Beklagten gewählten Buchstaben unterschiedliche, im Bereich des hier betroffenen Marktsegments übliche Bedeutungen indizieren, die nicht notwendig dem Bedeutungsinhalt entsprechen, welche die Klägerin ihnen innerhalb ihres Bezeichnungssystem zugewiesen hat (z. B. "S" = Super, Sonder, Spezial; "C" = Cabriolet/Convertible, Coupé, "V" = Variant, Van). Gleiches gilt hinsichtlich der in der Kombination mit den Buchstaben verwendeten Ziffern, die über die Hubraumgröße sowie sonstige, die Modellzuordnung innerhalb einer "Buchstabengruppe" indizierende Funktionen verschiedene Aussagen treffen können, woran der Verkehr auch gewöhnt ist. In dieser Situation wäre der Schluss, dass die Beklagten sich der von ihnen gewählten Modellbezeichnungen nur deshalb bedient hätten, um von dem angeblichen Ruf des klägerischen Kennzeichnungssystems zu profitieren, nicht gerechtfertigt.

      Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung "Farbkennnummern" des BGH (GRUR 1998, 943 ff) hinweist, ergibt sich daraus keine abweichende Würdigung. Der dieser Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt unterscheidet sich maßgeblich von der hier zu beurteilenden Fallkonstellation. In der erwähnten Entscheidung hatte sich der BGH mit der – von ihm bejahten – Frage zu befassen, ob die identische Übernahme eines von der Klagepartei, einem Stickgarnhersteller, entwickelten Farbkennziffernsystems durch einen Konkurrenten, der dadurch in die Lage versetzt wurde, seine Garne als unmittelbares Substitut für die Klagegarne anbieten zu können, unter dem Aspekt der Ausnutzung/Ausbeutung der erst durch die Werbeanstrengungen der Klägerin geschaffenen Nachfrage als unlauter zu erachten ist (BGH a. a. O., S. 944/945). So liegt der Streitfall nicht. Es geht bei der hier zu beurteilenden Sachlage weder um die identische Übernahme eines fremden Bezeichnungssystems noch darum, dass es den Beklagten gerade durch die Verwendung der von ihnen gewählten Bezeichnungen ermöglicht wird, ihre Produkte als Ersatz für die Ware der Klägerin anzudienen. Im Ergebnis Gleiches gilt im Hinblick auf die weiteren Entscheidungen "Verbrauchsmaterialien" (GRUR 1996, 781 ff) und "Amazonas" (GRUR 1985, 445 ff) des BGH. In der "Verbrauchsmaterialien"-Entscheidung stand die identische Übernahme von Artikelbezeichnungen des Originalherstellers in Rede, mit denen der Konkurrent seine eigenen Produkte als Ersatzteile/Zubehör anbot, um den Originalhersteller aus dem entsprechenden Bedarf zu verdrängen. Dies hat der BGH als eine unzulässige anlehnende Bezugnahme gewertet, in der eine Gleichstellungsbehauptung mit der bekannten Ware des Originalherstellers liege, um sich an dessen Ruf anzuhängen und diesen als Vorspann für die eigene Ware und ihren Vertrieb auszunutzen (a. a. O., Seite 783). Im Streitfall geht es indessen um die Verwendung eines Zeichenbildungsprinzips, das in einer Weise benutzt wird, der weder eine Gleichstellungsaussage entnommen werden kann, noch die Eignung, die Ware der Klägerin zu substituieren. In der Entscheidung "Amazonas" war über die – hier nicht einschlägige – identische Übernahme einzelner Bezeichnungen zu urteilen, unter denen ein Hersteller die von ihm entwickelten Farbtöne in den Verkehr gebracht hatte.

    3. Soweit die Klägerin schließlich die wettbewerbliche Unlauterkeit der Verwendung der angegriffenen Bezeichnungen mit dem Aspekt der Behinderung durch eine Beeinträchtigung des guten Rufs ihres Kennzeichnungssystems zu begründen sucht, vermag sie nach dem Vorstehenden auch damit nicht durchzudringen. Wie ausgeführt knüpft der gute Ruf an den Marken an und nicht an dem die Marken verbindenden System. Darüber hinaus wäre es ohne entsprechenden Sachvortrag der Klägerin erfahrungswidrig anzunehmen, zwischen den unter Verwendung der in Frage stehenden Bezeichnungen angebotenen Modellen bestehe ein Rufgefälle, das geeignet wäre, dem Ruf der unter dem Bezeichnungssystem der Klägerin angebotenen Fahrzeugmodellen zu schaden. Ebenso wie die Klägerin für ihre Fahrzeuge den Ruf hoher technischer Qualität, Zuverlässigkeit und Sicherheit in Anspruch nimmt, verbindet sich auch mit den Modellen der Beklagten der Ruf eines hohen technischen Sicherheitsstandards sowie der technischen Ausgereiftheit. Dass daher die Verwendung der angegriffenen Bezeichnungen geeignet wäre, einen mit dem Bezeichnungssystem der Klägerin gegebenenfalls verbundenen guten Ruf zu beeinträchtigen oder gar zu zerstören, ist nicht ersichtlich.

    4. Auch unter dem vom Landgericht für maßgeblich gehaltenen Gesichtspunkt einer "Verwässerungsgefahr" bzw. einer Schwächung der Kennzeichnungskraft des Bezeichnungssystems ist die Klage nicht begründet.

      Soweit es die Beurteilung der Verwässerung der Kennzeichnungskraft einzelner Marken angeht, können – auch schwerwiegende - Beeinträchtigungen einer Kennzeichnung nicht ohne weiteres als nach wettbewerbsrechtlichen Maßstäben unlauter beurteilt werden, wenn sie allein darauf beruhen, dass bestimmte Buchstaben, deren Gebrauch grundsätzlich frei zu halten ist, zwar außerhalb des zeichenrechtlichen Verwechslungsbereichs, dennoch aber in einer Weise benutzt werden, durch welche die Kennzeichnungskraft der aus denselben Buchstaben bestehenden Marke geschwächt wird. Etwas anderes galt nach der bis zum Inkrafttreten des Markengesetzes maßgeblichen Rechtslage nur dann, wenn es sich um die Beeinträchtigung der Kennzeichnungskraft einer Marke handelte, die über die normale Kennzeichnungskraft hinaus jedenfalls in den maßgeblichen Verkehrskreisen einen hohen Bekanntheitsgrad und insbesondere einen besonderen Ruf und Prestigewert aufwies und dadurch für ihren Inhaber einen hohen, durch eigene Leistung geschaffenen Wert verkörperte (vgl. BGH GRUR 1991, 609/612 –"SL"-). Hieran hat sich durch das Inkrafttreten des Markengesetzes insofern eine Veränderung ergeben, als es für den danach gewährten Verwässerungsschutz bekannter Marken (§ 14 Abs. 2 Nr. 3 Markengesetz) der Feststellung einer Wertschätzung nicht mehr bedarf, sondern die Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft als solche genügt. Andererseits reicht danach nicht jede denkbare Minderung der Unterscheidungskraft einer bekannten Marke aus, sondern ist eine konkret nachvollziehbare, greifbare Beeinträchtigung zu fordern (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 14 Rdn. 508, 509 m. w. N.).

      Vor dem Hintergrund der eingangs dargestellten systematischen Erwägungen ist dieser für den Verwässerungsschutz einzelner bekannter Marken maßgeblichen Wertung auch im Rahmen der vorliegenden wettbewerbsrechtlichen Beurteilung, bei der es um die Beeinträchtigung der Kennzeichnungskraft eines aus mehreren eingetragenen Marken gebildeten Bezeichnungssystems geht, Rechnung zu tragen. Verfolgt man konsequent den Ausgangspunkt der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung, dass Schutzobjekt nicht die summierte Verwendung der als Marken eingetragenen Modellbezeichnungen, sondern der damit zum Ausdruck gebrachte selbständige Leistungswert einer gedanklichen Ordnungsstruktur/ des inhaltlichen Ordnungsprinzips ist, wie die jeweiligen Einzelbezeichnungen zu einander in Beziehung gesetzt sind, dann hat hieran der Verwässerungsaspekt anzusetzen. Die Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft setzt dann voraus, dass die Verwendung der Kennzeichen der Beklagten geeignet ist, die inhaltliche Ordnungsstruktur, wie sie mit dem Bezeichnungssystem der Klägerin zum Ausdruck gebracht ist, zu beeinträchtigen bzw. deren Hinweisfunktion auf die Klägerin und ihre Erzeugnisse zu entwerten. Die wettbewerbsrechtliche Beurteilung der Verwässerungsgefahr des klägerischen Bezeichnungssystems ist dabei aus den eingangs dargestellten Gründen von der markenrechtlichen Wertung unterlegt. Zu fordern ist daher jedenfalls eine "greifbare" Beeinträchtigung der Kennzeichnungskraft des streitbefangenen Bezeichnungssystems.

      Der Senat sieht keine Anhaltspunkte dafür, dass eine derartige Beeinträchtigung droht. Die Beklagten weichen sowohl in den jeweiligen Einzelbezeichnungen ihrer Modelle als auch in der Art, wie sie diese Einzelbezeichnungen einander zugeordnet haben, von dem klägerischen Bezeichnungssystem ab. Im Hinblick auf den Umstand, dass - was dem angesprochenen Verkehr bewusst ist – den in beiden Bezeichnungssystemen verwendeten Buchstaben "S", "V" und "C" sowie den Ziffernfolgen variable Bedeutungen zukommen können und die Modellbezeichnungen auch jeweils gemeinsam mit den Herstellerbezeichnungen verwendet werden, scheidet eine Entkräftung der Hinweisfunktion des klägerischen Bezeichnungssystems dergestalt aus, dass der Verkehr dieses nicht mehr in der inhaltlichen Ordnung und Struktur als ein solches begreift, welches die Klägerin - durch Abstimmung der einzelnen Bezeichnungen aufeinander – aufgebaut und im Verkehr bekannt gemacht hat. Selbst unter Berücksichtigung der Gefahr, dass Mitbewerber sich künftig ebenfalls der Buchstaben und Ziffernfolgen wie die Beklagten bedienen, ist daher eine konkret drohende Beeinträchtigung der Kennzeichnungskraft des Bezeichnungssystems der Klägerin nicht erkennbar.

      Soweit die Klägerin mit ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 02.05.2001 als Anlage 8 eine Verkehrsbefragung von Februar 1999 vorgelegt hat, sieht der Senat keinen Anlass zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Den Befragten ist seinerzeit eine Liste gängiger Typenbezeichnungen vorgelegt worden, im wesentlichen mit den Anfangsbuchstaben A, C, E und S, auf die jeweils dreistelligen Ziffern folgten. Wenn ungestützt die Mehrzahl der PKW-Fahrer diese Typenbezeichnungen dem Produktionsbereich Kraftfahrzeuge zuordneten und 35 % der PKW-Fahrer ungestützt diese Bezeichnungen mit Mercedes in Verbindung gebracht haben, so besagt das für die im Streitfall angesprochene Frage nach der Bekanntheit des Kennzeichnungssystems nichts. Alles spricht vielmehr dafür, dass die Zuordnung zu der Klägerin auf der Bekanntheit der einzelnen Typenbezeichnungen und ihrer Summierung in der vorgelegten Liste beruht.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 91 a, 269 Abs. 3 ZPO.

Hinsichtlich der von der übereinstimmenden Erledigungserklärung betroffenen, in der Werbung der Beklagten unstreitig verwendeten Bezeichnungen ("Volvo-S-Linie", "Volvo-V-Linie", "Volvo-C-Linie") wird durch die Hinzufügung des Firmen- und Markenzeichens Volvo ein Abstand hergestellt, dass in bezug auf das klägerische Bezeichnungssystem weder eine Verwechslungsgefahr noch eine unzulässige Rufausbeutung oder eine Behinderung durch Verwässerung der Kennzeichnungskraft besteht. Für die von der Beklagten bestrittene gewerbliche Verwendung dieser Bezeichnungen ohne den Zusatz "Volvo" fehlt es bereits an tatsächlichen Grundlagen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Beschwer der Klägerin durch dieses Urteil liegt über 60.000,00 DM.

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