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Rechtsprechung

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mitgeteilt von RA Boris Hoeller ( HOELLER Rechtsanwälte )

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MarkenG §§ 14, 15, 23 ZPO § 286

1. Durch die Benutzung einer Bezeichnung "nach Art einer Marke" wird die Anwendbarkeit des § 23 MarkenG nicht ausgeschlossen.

2. Bei der Prüfung der Frage, ob eine Markenbenutzung im Rahmen von § 23 Nr. 3 MarkenG gegen die guten Sitten verstößt, ist das Verletzungsgericht nicht aus Rechtsgründen daran gehindert, über die tatsächlichen Grundlagen durch Erholen eines Meinungsforschungsgutachtens Beweis zu erheben.

OLG Nürnberg, Urteil vom 8. Januar 2002 Az.: 3 U 2895/99 'demoskopisches Gutachten'

Urteil aufgehoben durch BGH Urteil vom 20.1.2005 - I ZR 34/02 und erstinstanzliches Urteil wiederhergestellt.

3 U 2895/99 Verkündet am 22. November 2002



Geschäftsstelle

Oberlandesgericht Nürnberg

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

  • *

    Klägerin und Berufungsklägerin

g e g e n
  • *

    Beklagte und Berufungsbeklagte


hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. Seidel als Vorsitzenden und die Richter am Oberlandesgericht Prof. Dr. Haberstumpf und Maier aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 4. Dezember 2001
für R E C H T erkannt
  1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts NürnbergFürth vom 7. Juli 1999 ( Az. 3 0 1467/ 98 ) abgeändert.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall einer Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000,- oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten - Ordnungshaft auch für den Fall, daß das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann - Ordnungshaft jeweils zu vollziehen an ihrem Geschäfts zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland Staubsaugerfiltertüten gemäß der nachfolgend verkleinert - abgebildeten Anlage K l anzubieten, in den Verkehr zu bringen und/ oder zu den Genannten Zwecken zu besitzen. [ wird dargestellt ]
  3. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, welcher der Klägerin durch die Handlungen gemäß der vorstehenden Ziffer II ab 7. November 1997 entstanden ist und noch entstehen wird.
  4. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der Staubsaugerfiltertüten gemäß der vorstehenden Ziffer II ab 7. November 1997 zu erteilen, und zwar unter Angabe von Namen und Anschrift des Herstellers, des Lieferanten und anderer Vorbesitzer, der gewerblichen Abnehmer sowie über die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Staubsaugerfiltertüten gemäß der vorstehenden Ziffer II.
  5. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen zu tragen.
  6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar . Der Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung seitens der Klägerin durch Leistung von Sicherheit in Höhe, von DM 155.000,-- abzuwenden, falls diese vor der Vollstreckung nicht in gleicher Höhe Sicherheit leistet. Die Klägerin kann ihre Sicherheitsleistung auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer Großbank oder öffentlich- rechtlichen Sparkasse mit dem Sitz in der Europäischen Union erbringen.
  7. Die Beschwer der Beklagten beträgt DM 115.000,--.
  8. Beschluß : Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf DM 115.000, -
    Unterlassungsantrag: DM 100.000,--
    Feststellungsantrag: DM 10.000,-
    Auskunftsantrag: DM 5.000,--
    festgesetzt.

T a t b e s t a n d

Die Klägerin vertreibt Raumpflegeprodukte über Handelsvertreter im Direktvertrieb. Sie ist ein Unternehmen der international tätigen V. Gruppe. Eines ihrer bekanntesten Produkte sind die K... Staubsauger. Sie macht mit der vorliegenden Klage neben eigenen Kennzeichnungsrechten auch Rechte der Firmen „V... E... GmbH & Co KG“, W... , und „V... I... AG“, W... , im Wege der Prozeßstandschaft geltend. [wird ausgeführt]

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die zulässige Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg- Fürth vom 7.7.1999 ist begründet. Durch die Verwendung der Bezeichnungen "V..." und "V... K... " hat die Beklagte gegen die von der Klägerin geltend gemachten Rechte gemäß §§ 14 Abs. 2 Nr. 1 und 2, Abs. 3 Nr. 1 und 2, Abs. 5, Abs. 6 und § 15 Abs. 2, Abs. 4, Abs. 5 MarkenG verstoßen.


1. ..... wird ausgeführt ......
2. ..... wird ausgeführt ......
3. ..... wird ausgeführt, Markenverletzung wird bejaht ......

4. Die Beklagte kann sich nicht auf die Ausnahmevorschrift des § 23 Nr. 3 MarkenG berufen, weil die konkrete Form der Benutzung gegen die guten Sitten verstößt bzw. den anständigen Gepflogenheiten im Gewerbe oder Handel Art. 6 Abs. 1 MRRL nicht entspricht.

  1. Die beanstandeten Zeichen werden im Vorliegendem Fall zunächst als Hinweis auf ihre Bestimmung, nämlich als Zubehör für ein V...- Staubsaugergerät des Typs K... zu dienen benutzt. Dieser erschließt sich für den Verkehr deutlich aus dem Aufdruck „ Filtertüten passend für V... K...“. Als Solcher ist der Hinweis auch notwendig, da es verschiedene Staubsaugerhersteller gibt, die unterschiedliche Typen anbieten, für die wiederum nur bestimmte Filtertüten passen (vgl. EuGH GRUR Int. 1999, 442, Ziff 60 – BMW) Der Bestimmungsnachweis ist somit zur Verbraucheraufklärung sachlich geboten, so daß die Anwendbarkeit des § 23 Nr. 3 MarkenG eröffnet ist.

    Der Meinung in der Literatur, die für die Anwendbarkeit des § 23 MarkenG zusätzlich fordert, daß die angegriffene Bezeichnung nicht "nach Art einer Marke" (Fetzer, § 23 Rd. 10, 58) verwendet wird, schließt sich der Senat nicht an (ebenso Ingerl/ Rohnke, § 23 Rd. 36). Abgesehen davon, daß es Schwierigkeiten bereitet zu bestimmen, was genau unter der Einschränkung "nach Art einer Marke" zu verstehen ist, ergibt sich weder aus Fassung des § 23 MarkenG noch des zugrundeliegenden Artikel 5 MRRL und der Gesetzesbegründung für sie eine Rechtfertigung. In der Rechtsprechung des BGH (z. B. GRUR 1999, 994 - BIG PACK mit weiteren Nachweisen) wurde lediglich ein Erfahrungssatz dahingehend formuliert, daß die Anbringung einer Bezeichnung unmittelbar auf der Ware oder ihrer Verpackung selbst - jedenfalls dann, wenn sie in irgendwie hervorgehobener Form nach "Art einer Marke" erfolgt - grundsätzlich gegen ihre beschreibende Benutzung spricht. Nach den weiteren Ausführungen des Bundesgerichtshofs wird dadurch aber nicht ausgeschlossen, daß eine solche Art der Zeichenverwendung nach dem Verständnis des Verkehrs im Einzelfall selbst dann als Beschreibung gewertet wird, wenn sie hervorgehoben ist. Im Fall der Bestimmungsangabe nach § 22 Nr. 3 MarkenG gilt letzteres erst Rechte, weil gerade im Zubehör- oder Ersatzteilgeschäft - so auch im vorliegendem Fall - besonders häufig die Notwendigkeit besteht, die Marke des Herstellers der Hauptware deutlich hervorgehoben auf der Zubehör- bzw. der Zusatzteilware oder auf ihrer Verpackung anzubringen. Die genannte Beschränkung des Anwendungsbereichs vom § 23 MarkenG führt deshalb zu einer vom Wortlaut und Sinn der Vorschrift nicht Gedeckten erheblichen Behinderung des grundsätzlich zulässigen Zubehörund Ersatzteilgeschäfts.

    Sie befrachtet zudem die Frage, ob ein Bestimmungshinweis vorliegt, mit Problemen, die sinnvoller Weise erst bei der Prüfung am Maßstab der anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel zu erörtern sind.

  2. Die Verwendung der klägerischen Marken, insbesondere der Bezeichnungen „V...“ und „V...“ verstößt aber in ihrer konkreten Gestaltung gegen die guten Sitten, weil die Beklagte die Herkunft dieser Filtertüten aus ihrem Hause nicht hinreichend deutlich gemacht und die mit der notwendigen Bestimmungsangabe unvermeidlich verbundene Irreführungsgefahr durch zumutbare Maßnahmen auf ein für die Markeninhaberinnen und die Klägerin hinzunehmendes Maß reduziert hat (vg. Ingerl/ Rohnke, § 23 Rd. 53). Der Beurteilung, ob eine Zeichenbenutzung nach einer der Alternativen von § 23 MarkenG gegen die guten Sitten bzw. die anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel verstößt, sind alle Umstände des Einzelfalles Zugrundelegen (Begründung Regierungsentwurf Bundestagsdrucksache 12/ 6581, 3. 30). Der EuGH hat in der bereits zitierten Entscheidung "BMW" GRUR International 1399, 442 ausgeführt, daß die Benutzung der Marke eines Dritten als notwendiger Bestimmungshinweis nur dann den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel entspricht, wenn sie nicht in einer Weise benutzt wird, die den Eindruck erwecken kann, daß eine Handelsbeziehung zwischen dem Drittunternehmen und dem Markeninhaber besteht; insbesondere das benutzende unternehmen dem Vertriebsnetz des Markeninhabers angehört oder eine Sonderbeziehung zwischen den beiden Unternehmen besteht. Erst recht gilt dies naturgemäß wenn der Eindruck erweckt wird, als stamme das Zubehörteil aus dem Unternehmen des Herstellers der Hauptware.

    Da aber § 23 MarkenG ebenso wie der zugrundeliegende Art. 6 MRRL Ausnahmetatbestände zu § 14 MarkenG bzw. Art. 5 MRRL darstellen, kann jedoch nicht jede Art dieser Verwechslungsgefahr bereits den Vorwurf der unlauteren Zeichenbenutzung begründen (so Begründung Regierungsentwurf, a. a. O.; Ingerl/ Rohnke, § 23 Rdz. 46; da im Falle der Zeichenbenutzung als Bestimmungshinweis der Verkehr erfahrungsgemäß schon allein aufgrund der Eignung eines Zubehörgegenstandes und der Nennung der Marke der Hauptware dazu neige, diesen dem Markeninhaber zuzuordnen (vgl. auch BGH WRP 1996. 715 –Verbrauchsmaterialien. Zu einem Verstoß gegen die guten Sitten, den der Markeninhaber nicht hinzunehmen braucht, kommt es deshalb erst, wenn der Zeichenverwender keine zumutbaren Anstrengungen unternimmt, um die über das unvermeidbare Maß hinausgehende Irreführungsgefahr zu verhindern.

    Im vorliegenden Fall reicht die hervorgehoben aufgedruckte Marke der Beklagten „E... P...“ mit der Weltkugel nicht aus um dem Verkehr hinreichend deutlich zu signalisieren daß die so bezeichnete Filtertüte nicht aus dem Unternehmen der Markeninhaberinnen oder aus einem mit ihnen organisatorisch oder wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammt. Der Verkehr kann zwar grundsätzlich einem für ihn erkennbar als Marke benutzten Zeichen den Hinweis entnehmen, daß dahinter ein bestimmtes Unternehmen steckt, das die Verantwortung für das so gekennzeichnete Produkt übernehmen will. Insoweit ist die Verwendung einer eigenen Marke grundsätzlich geeignet, darauf hinzuweisen, daß die gekennzeichnete Zubehörware eine andere Herkunft als die Hauptware hat. Es ist aber andererseits üblich und dem Verkehr ebenfalls bekannt, daß Inhaber - vor allem bekannter - Marken in Verbindung mit ihnen häufig weitere Kennzeichen als Zweitmarken benutzen (so BGH GRUR 1993, 972 ff. - Sana/ Schosana m. w. N.) oder sich verbundener Unternehmen mit eigenen Marken zum Vertrieb bedienen. Daß der Verkehr in nennenswertem Umfang solchen Fehlvorstellungen unterliegt, muß der Hersteller von Zubehörgegenständen in zumutbarer Weise ausschließen.

    Im vorliegenden Fall ist zu beachten, daß die Beklagte die streitgegenständlichen Marken und das Firmenschlagwort „V...“ und „V...“, die gerichtsbekanntlich eine nicht unerhebliche Bekanntheit besitzen, hervorgehoben in Großbuchstaben benutzt hat. Angesichts des größeren Schutzumfangs insbesondere des Zeichens "V..." bedarf es in einem selchen Fall größerer Anstrengungen, um Herkunftstäuschungen zu vermeiden. Die von der Beklagten verwendete eigene Marke „E... P...“ mit Weltkugel bleibt demgegenüber inhaltlich blaß und schließt nach seinem Erscheinungsbild nicht aus, daß ein mit der V...- Gruppe verbundenes Unternehmen dahintersteht.

    Dies wird durch die Antwort auf Frage 4 und 3 des erholten Meinungsforschungsgutachtens deutlich unterstrichen. Dort wurden die Testpersonen nach Aushändigung der angegriffenen Filtertüte ohne inhaltliche Vorgaben danach gefragt, ob dem Aufdruck auf der Tüte etwas über deren Hersteller entnommen werden kenne und, wenn ja, wie er heiße Hierbei bezeichneten nur 24, 3 % des engeren und 23, 9 % des engsten Verkehrskreises "E.... P.... und/ oder „... - ...“ als Hersteller. Soweit auf dem Sternenring um die Weltkugel die Buchstabenkombination "... - ...", die als Abkürzung einer Unternehmensbezeichnung gedeutet werden könnte, erscheint, wird sie kaum wahrgenommen und ist somit wenig geeignet, auf die Beklagte hinzuweisen. In Beantwortung der ungestützten Frage 1 des Gutachtens ist diese Buchstabenkombination von der Gesamtheit der 2560 befragten Personen nur 7 Personen überhaupt aufgefallen, während sie von den Verkehrskreisen im engeren und engsten Sinne keiner Person einer Erwähnung wert war. Dies änderte sich nur geringfügig, als im Rahmen der Fragen 2 bis 5 gezielt nach dem Namen der Filtertüte und ihres Herstellers gefragt wurde.

    Dementsprechend haben nach dem Ergebnis des vom Senat eingeholten Meinungsforschungsgutachtens mindestens 43 % der Verkehrskreise im engsten Sinne, d. h. derjenigen Befragten, die älter als 18 Jahre sind, einen Staubsauger der Marke V... benutzen oder im Haushalt haben und zumindest gelegentlich Staubsaugerfiltertüten kaufen, angenommen, daß „E... P...“ eine Zweitmarke von „V...“ ist oder dass wirtschaftliche oder organisatorische Verbindungen zwischen dem Hersteller der Filtertüte und der Firma „V...“ bestehen. Legt man die Vorstellungen der Verkehrskreise im engeren Sinne zugrunde, d. h. derjenigen Personen, die einen Staubsauger der Marke V... benutzen bzw. im Haushalt haben, betrug der Prozentsatz der so Getäuschten 41,5 %. Angesichts dieser nahezu gleichen Ergebnisse kann dahinstehen, ob die Vorstellungen der Verkehrskreise im engsten oder im engeren Sinne Zugrundelegen sind. Die Zahl der durch die konkrete Gestaltung der von der Beklagten vertriebenen Filtertüten tatsächlich getäuschten Verkehrskreise ist insgesamt so hoch, dass die Klägerin und die Markeninhaberinnen sie nicht als unvermeidbar hinnehmen müssen, zumal es der Beklagten unschwer möglich ist, durch geeignete zusätzliche Hinweise den Verbraucher über die wahre Herkunft der Filtertüten aufzuklären. Die Gestaltung des Aufdrucks auf den jetzt von ihr vertriebenen Filtertüten der Anlage K 20, in dem sie in unmittelbarem Zusammenhang mit ihrer Marke "E... P..." darauf hinweist, daß es sich um ein Produkt aus dem A...- F...- Werk ... D.../ A... handelt, belegt dies anschaulich. Die hohe Zahl der tatsächlich über die Herkunft der Filtertüte getäuschten Verkehrskreise schließt die Annahme aus, es handele sich ausschließlich um nicht schützenswerte unaufgeklärte, nicht informierte und nicht verständige Verbraucher.

  3. Der Senat ist aus Rechtsgründen nicht gehindert, das Ergebnis des Meinungsforschungsgutachtens zu verwerten. Zwar ist die Frage der Verwechslungsgefahr ebenso wie die Frage, ob eine nach § 23 Nr. 3 MarkenG grundsätzlich erlaubte Markenbenutzung gegen die guten Sitten verstoßt ein Rechtsbegriff (Fezer, § 14 Rdz. 83 ff. mit umfangreichen Nachweisen). Dies schließt jedoch nach ständiger Rechtsprechung nicht aus, die tatsächlichen Grundlagen für die Beurteilung dieser Rechtsfragen durch Beweisaufnahme und Erholung von Sachverständigengutachten zu klären (Ingerl/ Rohnke, § 14 Rdz. 155). So ist in ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt (eingehend Ingerl/ Rohnke, § 14 Rdz. 177 ff..), daß die Fragen, wie die Verkehrskreise gegenüberstehende Zeichen verstehen, welche Elemente für sie prägenden Charakter haben, ob sie mit einer Bezeichnung Herkunftsvorstellungen verbinden oder sie als Beschreibung ansehen siehe BGH, aaO. - Sana/ Schosana - , welchen Bekanntheitsgrad sie haben und in welchem Umfang sie tatsächlich irregeführt werden usw., dem Beweis zugänglich sind.

    Auch nach der Rechtsprechung, des EuGH (EuZW 1998, 526 - Gut Springenheide; EUZW 1999, 281 - Kessler Hochgewächs) ist es Sache des nationalen Gerichts, durch Sachverständigengutachten oder Verbraucherbefragung zu ermitteln, ob eine Marke oder Bezeichnung irreführend ist, wenn es besondere Schwierigkeiten hat, dies zu beurteilen. Die im vorliegen den Fall, zu entscheidende Tatsachenfrage, ob und vor allem in welchem Umfang die maßgebenden Verkehrskreise die Marke der Beklagten als Zweitmarke der Firma V... oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens auffassen, ist eine Frage, die der Senat nicht aus eigener Sachkunde beantworten kann. Die erkennenden Richter gehören zwar teilweise zu den Personen, die einen V...- Staubsauger in ihrem Haushalt besitzen. Sie unterscheiden sich jedoch von dem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dadurch, daß sie aufgrund der Aktenlage den Hersteller der strittigen Filtertüte genau kennen und positiv wissen, daß er von den Unternehmen der Markeninhaberinnen und der Klägerin verschieden und mit ihnen nicht verbunden ist. Dieses Vorverständnis hat der Durchschnitts - Verbraucher, der im Ladenlokal nach einer für seinen Staubsauger passenden Filtertüte sucht, gerade nicht. Es ist insbesondere nicht ersichtlich und von der Beklagten auch nicht behauptet werden, daß dem Verkehr das hinter der Marke „E... P...“ stehende Unternehmen bekannt ist. Für seine relevante Kaufentscheidung ist er deshalb allein auf das Aussehen und die Gestaltung des Aufdrucks auf den Filtertüten der Beklagten angewiesen.

  4. Der Senat folgt dem Gutachten und lege es seiner rechtlichen Beurteilung im Rahmen der Sittlichkeitsprüfung zugrunde. Das mit der Erstellung des Gutachtens beauftragte Unternehmen ist ein anerkanntes Meinungsforschungsunternehmen. Das Gutachten ist widerspruchsfrei und schlüssig begründet. Das methodische Vorgehen und die exakte Fragestellung steht im Einklang mit den von der Rechtsprechung akzeptierten Regeln und wurde in der mündlichen Verhandlung vom 15.05.2001 (Bl. 374 -375 d. A.) unter Anhörung des Sachverständigen H... eingehend erörtert. Die von der Beklagten vorgebrachten Einwendungen im Schriftsatz vom 19.11. 2001 gegen das Gutachten sind nicht geeignet, dessen Verwertbarkeit in Frage zu stellen. Der Sachverständige H... hat dazu in seiner schriftlichen Erwiderung vom 30. 11. 2001 (Bl. 466 - 463 d. A.) und in seiner mündlichen Anhörung im Termin vom 04. 12.2001 (Bl. 494, 495 d. A.) ausführlich Stellung genommen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hierauf Bezug genommen. Ergänzend ist auf folgendes hinzuweisen:

    Die Zahl der Personen, die als engere 397 Personen, und als engste 310 Personen. Verkehrskreise der Begutachtung zugrundegelegt wurden ist ausreichend um die Beweisfrage zuverlässig beantworten zu können. Wie der Sachverständige H... unter Verlage einer Fehlertoleranztabelle überzeugend dargelegt hat, betragen die Fehlertoleranzen im ersten Fall maximal plus/ minus 4,9 % und im zweiten Fall plus/ minus 5, 6 %. Die danach möglichen Abweichungen von den Werten des Gutachtens sind demnach sehr gering und nicht geeignet, die oben dargestellte Bewertung in Zweifel zu ziehen. Dass auch bei einer größeren Anzahl von befragten Personen keine deutlich verschiedenen Werte zu erwarten sind, belegt im übrigen das Ergebnis der Befragung aller ausgewählten Personen über 13 Jahren, von denen immerhin noch 33,3 % den Aufdruck "V...“ als Namen des Herstellers der Filtertüte oder als Hinweis darauf verstanden, daß Hersteller der Tüte und die Firma V... in irgendeiner Weise miteinander verbunden sind.

    Die Ergebnisse auf die Frage 3, in der nach dem Namen der Filtertüte gefragt wurde und bei der von mehr als der Hälfte der Befragten die Antwort „E...“, „...“ oder „...-...“ gegeben wurde, geben noch keine Antwort auf die Frage, ob sie auch „E...“ oder „...“ als ein von der Klägerin oder den Markeninhaberinnen verschiedenes Unternehmen ansehen, das die Tüte hergestellt hat. Es ist nämlich in Rechnung zu stellen, daß das Zeichen "E...“ als eine Zweitmarke der Firma V.... angesehen wird. Es ist deshalb nicht zulässig, von dem Erkennen des - richtigen - Namens der Tüte darauf zu schließen, daß auch zutreffend der Hersteller erkannt wird. Insoweit konnten nur die Antworten auf die Fragen 4 und 5 Aufschluß geben, in denen nach dem Hersteller der Filtertüten gefragt wurde. Dabei nannten nur 24,3 % der engeren und 23, 9 % der engsten Verkehrskreise „E...“ und/ oder „...-...“ als Hersteller der Tüte, während doppelt so viele Personen, nämlich 46,3 % bzw. 49,4 % V... und/ oder K... als Hersteller der Tüte Bezeichneten. Dieses Ergebnis ist ein klarer Beleg dafür, daß die von der Beklagten optisch herausgestellte Eigenmarke nur bei einem verhältnismäßig geringen Anteil der Verkehrskreise zutreffende Herkunftsvorstellungen auslosen konnte.

    Daß der Senat bei Frage 7 den gesamten Bestimmungshinweis „Filtertüte passend für V... K...“ nicht zugelassen hat, macht das Ergebnis der Antworten auf diese Frage nicht unverwertbar. Diese Frage stellte nämlich nur eine nachfassende Frage zu der ihr methodisch vorgehenden Frage 5 dar und sollte Ziffer 1. des Beweisbeschlusses konkret beantworten. Der Sachverständige H... hat dementsprechend in seiner Anhörung nachvollziehbar betont, daß die Antworten auf Frage 5 aussagekräftiger und demnach auch höher zu bewerten sind. Die Frage 5 war insoweit eine offene Frage, als den Befragten keine möglichen Antworten vorgegeben wurden und sie nach Aushändigung der Filtertüte und nach einer intellektuellen Beschäftigung mit dessen Aufdruck in seiner Gesamtheit, also einschließlich des gesamten Bestimmungshinweises, beantworten konnten. Durch die Fragestellung wurden sie somit in keiner Weise auf irgendeine bestimmte Antwort: hingelenkt, sondern nur dazu gebracht, sich anhand des Gesamteindrucks der Beschriftung der Tüte Gedanken über deren Hersteller zu machen. Worauf bereits hingewiesen wurde, sprachen 46,3 % des engeren und 49,4 % des engsten Verkehrskreises sich für V... und/ oder K... als Hersteller aus, also etwa doppelt so viele wie für "E... P..." und/ oder "... - ...". Diese Antworten korrespondieren gut zu den Antworten auf die nachfassenden, geschlossenen Fragen 5 und 7, in denen jetzt gezielt auf den Aufdruck "E... P...“ bzw. „V...“ hingewiesen und eine rotierende Auswahl von möglichen Antworten vorgegeben wurden. Bei deren Beantwortung kennt die Befragten ihre vorher gegebenen Antworten gegebenenfalls noch korrigieren. bzw. differenzieren. Bei Frage 5 gaben demnach wiederum nur 24, 7 % des engeren und 35, 5 % des engsten Verkehrskreises an, daß "E... P...“ der Name des Herstellers der Filtertüte oder der Name der Filtertüte und der Name ihres Herstellers sei, während bei. Frage 7 sich 43,5 % des engeren und 44 % des engsten Verkehrskreises für die Antworten "V... ist der Name des Herstellers der Filtertüte“ oder „V.. ist der Hinweis darauf, daß der Hersteller der Filtertüte und die Firma V... in irgendeiner Weise miteinander verbunden sind", entschieden. Die Antworten auf die geschlossenen Nachfaßfragen bestätigten somit das Ergebnis, das nach Auswertung der Antworten auf Frage 5 bereits gewonnen wurde.

    Die Ansicht der Beklagten, dieses Ergebnis sei unvereinbar mit dem Hinweis "Filter passend für..." und der Tatsache, daß mehr als die Hälfte der Befragten zutreffend "E... P.", "E." und/ oder "...-...“ als Name der Filtertüte erkannt hatten, ist nicht zutreffend, worauf bereits hingewiesen wurde. Die Hersteller der Hauptware verwenden ja in derselben Weise wie Zubehör- oder Ersatzteilhersteller derartige Bestimmungshinweise, um über den Zweck des Zubehör- oder Ersatzteilgegenstandes aufzuklären. Dies ist dem Verkehr natürlich bekannt. Deshalb sind Formulierungen wie "passend für..." oder "geeignet für..." für sich genommen neutral und geben noch keinen sicheren Aufschluß darüber, wer nun die Verantwortung für die Zubehörware übernehmen will. In einem Fall der hier vorliegenden Art kann folglich nur der unbefangene Gesamteindruck maßgebend sein, den der Aufdruck auf der Filtertüte dem Verkehr vermittelt. Dieser Gesamteindruck wurde aber im wesentlicher, bereits mit den offenen Fragen 3 und 8 in Bezug auf das Beweisthema erfragt und durch die damit durchaus zu vereinbarenden Antworten auf die Fragen 6 und 7 bestätigt.

    Die von der Beklagten gerügter. Widersprüche zwischen der Antworten auf die Frage 1 und die weiteren speziellen auf das Beweisthema hinführenden Fragen bestehen nicht. Die offene Frage 1 zielte darauf ab, den Befragten Gelegenheit zu geben, den Gesamteindruck des Tütenaufdrucks aufzunehmen und anzugeben, was ihnen dabei überhaupt in den Sinn kommt. Die Befragten konnten hierbei nicht wissen, worauf es letztlich ankommen wird, weshalb naturgemäß im großen Umfang Antworten gegeben wurden, die mit dem Beweisthema in keinem Zusammenhang standen. Dies änderte sich naturgemäß, als die nachfolgenden Fragen immer gezielter auf das Beweisthema hinführten.

  5. Da ein sehr großer Teil von mindestens 43 % bzw. 41,5 % der Verkehrskreise wegen der Verwendung der Zeichen "V..." und „V...“ die streitgegenständliche Filtertüte in ihrer konkreten Gestaltung mit den Unternehmen der Markeninhaberinnen und der Klägerin in Verbindung bringen, hat die Beklagte jedenfalls die Marken Nr. ..., ... und ... sowie das Recht der Klägerin an ihrer Firmenbezeichnung verletzt. Ob zusätzlich eine Verletzung der Marke "..." gegeben ist oder eine Benutzungsmarke "K...“ gemäß § 4 Nr. 2 MarkenG verletzt wurde, kann ebenso dahinstehen wie das Bestehen von Ansprüchen nach §§ 1, 3 UWG.

    Die daraus resultierenden Ansprüche sind nicht verwirkt. Eine Verwirkung nach § 21 Abs. 2 MarkenG kann schon deshalb nicht eingetreten sein, weil die 5- jährie Frist gemäß § 153 Abs. 2 MarkenG erst ab 01.01. 1995 zu laufen begonnen hat und die Klage schon im Februar 1998 eingereicht wurde.

    Der Eintritt der Verwirkung nach allgemeinen Grundsätzen gemäß § 21 Abs. 4 MarkenG scheitert daran, daß die Beklagte nicht unter Beweis gestellt hat, daß sie eine Filtertüte mit vergleichbarer Beschriftung nach Anlage K 11 bereits seit Anfang 1993 in Verkehr gebracht hat und die Klägerin sowie die Markeninhaberinnen davon Kenntnis erlangt hatten. Es ist auch nicht ersichtlich, daß die Beklagte infolge langjähriger geduldeter Benutzung einen wertvollen Besitzstand an der strittigen Gestaltung erlangt hat.

6) Wegen Verletzung der genannten Zeichenrechte steht der Klägerin ein Anspruch auf Unterlassung der Zeichenverwendung in seiner konkreten Verletzungsform gemäß § 14 Abs. 5, § 15 Abs. 4 MarkenG zu. Die Fortdauer der Wiederholungsgefahr ist aufgrund der erfolgten Rechtsverletzung zu vermuten und wird durch die nur bis zur Entscheidung des Senates befristete Unterlassungserklärung vom 28. 11.2000 (El. 360 f. d. A.) nicht beseitigt.

7) Der Antrag auf Schadensersatzfeststellung ist gemäß § 15 Abs. 5 MarkenG begründet. Die Klägerin verlangt, wie der Formulierung ihres Klageantrages entnommen werden muß, Ersatz nur des ihr entstandenen und noch entstehenden Schadens, so daß sie sich insoweit nicht auf die Prozeßstandschaftserklärungen der Markeninhaberinnen stützen kann.

Die von ihr nicht erlaubte und den redlichen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel nicht entsprechende Benutzung ihres Firmenschlagwortes "V...“ erfolgte schuldhaft in Form leichter Fahrlässigkeit. Ein etwaiger Rechtsirrtum seitens der Beklagten über die Zulässigkeit ihres Verhaltens schließt das Verschulden hier nicht aus. Mit Zugang der Abmahnung war die Beklagte spätestens darüber aufgeklärt, daß die Klägerin unter Berufung auf die streitgegenständlichen Marken- und Firmenrechte den Aufdruck auf den Filtertüten nicht hinnehmen will. Die Beklagte war zumindest durch den vorangegangenen Rechtsstreit vor dem Landgericht Nürnberg- Fürth in Sachsen V... E... S... Co. KG gegen A... (Az.: 3 0 8842/ 95) über die grundsätzliche Problematik aufgeklärt und konnte erkennen, daß sie sich durch die Gestaltung ihres inzwischen geänderten Aufdrucks in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegte. Unter diesen Umständen mußte sie mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte rechnen (vgl. Ingerl/ Rohnke, vor §§ 14 bis 19 Rdz. 62 m. w. N.).

Zur Bezifferung ihres Schadensersatzanspruches und zur Feststellung der Herkunft und des Vertriebsweges hat die Klägerin gemäß §§ 242 BGB, 19 Abs. 1 MarkenG auch Anspruch auf Auskunft in dem begehrten Umfang.

Die Kostenentscheidung Gründet sich auf § 91 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

Unterschriften