17 C 618/98 Verkündet am 12.03.1999

Risslegger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

AMTSGERICHT EUSKIRCHEN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

der Firma _______________ GmbH, _________ , __________ ges. vertreten durch ____________, _________
Klägerin,

Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt Boris Höller, Meckenheimer Allee 82, 53115 Bonn

g e g e n

die Firma _____________, __________ , ____________
Beklagte,

Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte ___________

hat das Amtsgericht Euskirchen
auf die mündliche Verhandlung vom 24.02.1999
durch den Richter am Landgericht _____

für R e c h t erkannt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1740,00 DM nebst 5% Zinsen seit dem 21.07.l998 zu zahlen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 3000,00 DM abzuwenden, wenn diese nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

T a t b e s t a n d :

Die Klägerin ist Herstellerin von Reisebürosoftware, der Beklagte betreibt ein Reisebüro in München.

Ende Februar 1998 nahm eine Handelsvertreterin der Klägerin Kontakt zur Beklagten auf und führte kurze Zeit später das Produkt "Win Travel" nebst Software der Beklagtenseite vor. Zu einem Kauf kam es zu diesem Zeitpunkt nicht. Mitte Juli 1998 wandte sich eine vertretungsberechtigte Angestellte des Beklagten an die Klägerin mit der Bitte um die Durchführung eines Termins. Hintergrund war, daß die bis dahin in dem Reisebüro des Beklagten verwendete Software nicht mehr einwandfrei funktionierte und man dringend Ersatz bedurfte. Die Handelsvertreterin der Klägerin suchte den Beklagten am 16.07.1998 auf, die im Februar 1998 demonstrierte Software führte sie mit sich. Die Beklagte war am Erwerb dieser Software interessiert und schloß daher unter diesem Datum einen Kaufvertrag über die angebotene Software. Als Anzahlung war ein Betrag von 1500,00 DM zuzüglich Mehrwertsteuer vereinbart. Insgesamt war ein Bruttokaufpreis in Höhe von 6960,00 DM vereinbart, wobei die Summe in fünf Raten inklusive der Anzahlung erbracht werden sollten. Nach Abschluß des Kaufvertrages wurde die Software installiert.

Der als Anzahlung überreichte Scheck in Höhe von 1740,00 DM wurde infolge einer Schecksperrung durch den Beklagten nicht eingelöst. Unter dem 21.07.1998 faxte der Beklagte der Klägerin ein Schreiben, indem er erklärte, daß er von seinem gesetzlichen Recht Gebrauch mache und fristgerecht von dem am 16.07.1998 geschlossenen Kaufvertrag zurücktrete. In der Folgezeit kam es zu einem Schriftverkehr der Parteien, indem die Möglichkeit einer Druckeranpassung bzw. die Einarbeitung eines Briefkopfs in die Textverarbeitung per Tastendruck erörtert wurde.

Die Klägerin ist der Ansicht, daß im Kaufvertrag vom 16.07.1998 wirksam eine Gerichtsstandsvereinbarung getroffen wurde und ein Kaufvertrag zustande gekommen ist, den der Beklagte weder wirksam angefochten noch gewandelt habe noch sei er wirksam von diesem Vertrag zurückgetreten.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 1740,00 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 21.07.1998 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte rügt die Zuständigkeit des Amtsgerichts Euskirchen, da sein Unternehmen einen nach Art und Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordern dürfte.

In der Sache behauptet der Beklagte, daß die Handelsvertreterin der Klägerin vor Abschluß des Vertrages versichert habe, daß die Software den Anforderung(en) der beklagten Partei in jeder Hinsicht gerecht würde. Nach der mit Schwierigkeiten verbundenen Installation der Software habe die Handelsvertreterin unvermittelt mitgeteilt, daß eine Druckeranpassung nicht möglich sei. Der bis dahin eingesetzte Drucker, der mit Endlospapier arbeite, könne bei der nunmehr installierten Software nicht mehr zum Einsatz kommen. Es wäre daher erforderlich, einen neuen Drucker anzuschaffen, der mit vorgedruckten Briefköpfen arbeiten würde, da das Softwareprogramm der Klagerin den Briefkopf nicht selbständig hinzufügen würde. Der Handelsvertreterin sei von Anfang an bekannt gewesen, daß der im Reisebüro verwendete Drucker ausschließlich mit Endlospapier arbeite. Der Handelsvertreterin sei darauf hin deutlich gemacht worden, daß eine entsprechende Anpassung der Software erwartet werde, nachdem in der Folgezeit weder die Klägerin noch die Handelsvertreterin etwas von sich hören ließen, habe er mit Schreiben vom 21.07,1998 den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt. Mit Schreiben vom 04.08.1998 sei der Kaufvertrag zudem vorsorglich wegen Irrtums und arglistiger Täuschung angefochten worden. Er ist der Ansicht, daß in seinem Rücktrittschreiben vom 23.07.1998 jedenfalls auch eine Wandlung bzw. eine Anfechtung zu sehen sei.

Darüber hinaus zeige das Verhalten der Klägerin, daß letztendlich eine Anpassung des gelieferten Softwareprogramms an die EDV Anlage der Beklagten nicht möglich sei, dem entsprechend sein eine ordnungsgemäße Erfüllung des zugrunde liegenden Vertrages nicht gegeben, da das Programm nicht nutzbar sei. Diesbezüglich erhebt der Beklagte die Einrede des nicht erfüllten Vertrages.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes werden die wechselseitig eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht Euskirchen örtlich zuständig. In der vorgelegten Vertragsurkunde ist eine Gerichtstandsvereinbarung getroffen worden. Diese ist gemäß § 38 ZPO in Verbindung mit den Regelungen des HGB wirksam. Soweit der Beklagte darauf abstellt, daß das von ihm betriebene Gewerbe nlcht unter den Kaufmannsbegriff im Sinne dieser Vorschriften falle, sind die entsprechenden Angaben den Beklagten zu unsubstantiiert. Zumal er selber nicht behauptet, daB sein Betrieb elnen nach Art und Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordere, sondern nur wage angibt, daß dies nicht der Fall sein "dürfte". Nach der Neuregelung des Kaufmannsbegriffs ist allein die Größe des Gewerbebetriebes entscheidend für die Annahme der Kaufmannseigenschaft. Insofern ist es Sache des "Nichtkaufmanns" nachzuweisen, daß er lediglich ein Kleingewerbe betreibt, d. h. es spricht eine Vermutung dafür, daß ein Gewerbetreibender auch Kaufmann ist. Diese Umkehr der Darlegungs- und Beweislast ergibt sich aus der Formulierung des § 1 Abs. 2 Neue Fassung HGB. Dieser Darlegungs- und Beweislast ist der Beklagte in keiner Weise nachgekommen.

Die Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beklagten aus den zwischen den Parteien abgeschlossenen Kaufvertrag vom 16.07.1998 über die in diesem Vertrag im Einzelnen aufgeführte Software.

Der Abschluß dieses Vertrages ist zwischen den Parteien unstreitig, soweit der Beklagte darauf abstellt, daß eine Installation des Softwareproqramms von der Klägerin erst nach Abschluß eines Kaufvertrages durchgeführt werde, zeigt auf dies lediglich, daß zunächst ein wirksamer Vertrag zustande gekommen ist.

Der zwischen den Parteien abgeschlossene Vertrag sah eine Rücktrittsmöglichkeit nicht vor, Der erklärte Rücktritt des Beklagten ist dementsprechend auch nicht auf eine vertraglichen Vereinbarung gestützt. Zurecht weisen diesbezüglich beide Parteien im Rallmen des Prozesses darauf hin, daß ein Rücktritt entsprechend dem Haustürwiderrufsgesetz vorliegend gleichfalls nicht möglich ist, da der abgeschlossene Vertrag nicht unter die Schutzvorschriften dieses Gesetzes fällt.

Es kann letztendlich dahin stehen, ob in dieser Rücktrittserklärung zugleich eine Wandlung bzw. eine Anfechtung gesehen werden kann, hiergegen spricht, daß die beiden Erklärungen unterschiedliche Rechtsfolgen nach sich ziehen. Letztendlich liegen jedoch weder die Voraussetzungen für eine Wandlung, noch für eine Anfechtung vor. Eine Anfechtung nach § 123 BGB setzt eine arglistige Täuschung, bzw. eine Drohung des Vertragspartners voraus. Eine solche wird von dem Beklagten auch nicht ansatzweise dargelegt. Selbst unterstellt, daß die Handelsvertreterin trotz Kenntnis des vorhandenen Druckersystems erst nach Abschluß des Vertrages und während der erfolgten Installation auf die mögliche Anpassung hinsichtlich des Druckers aufmerksam machte, würde ohne weitere Anhaltspunkte keine arglistige Täuschung vorliegen, sondern allenfalls eine Verletzung einer Hinweis- und Aufklärungspflicht.

Eine Anfechtung gemäß § 119 BGB ist gleichfalls nicht möglich, da weder ein Erklärungs- noch ein Inhaltsirrtum im Sinne dieser Vorschrift sichtlich ist. Darüber hinaus wäre eine erst am 21.07. erklärte Anfechtung auch nicht mehr unverzüglich im Sinne des § 121 BGB. Nach eigenen Angaben des Beklagten hatte er bereits während der Installation Kenntnis von den seiner Meinung nach eine Anfechtung begründenden Umständen erhalten.

Eine Wandlung im Sinne der §§ 465, 467, 459 in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB ist gleichfalls nicht möglich. Die Voraussetzungen hierfür sind nicht gegeben. Wird eine vorgefertigte Standartsoftware dem Erwerber gegen einmaliges Entgeld auf Dauer zur freien Verfügung überlassen, so sind bei Mängel der Software die Vorschriften der §§ 459 ff. BGB zumindest entsprechend anwendbar. Insofern ist eine Abgrenzunq zur werkvertraglichen Herstellung spezieller Individualsoftware notwendig. Vorliegend sollte der Beklagte eine Standartsoftware der Klägerin gegen einmaliges - wenn auch ratenweise zu erbringendes - Entgeld zur freien Verfügung erhalten. Dies spricht eindeutig für einen Kaufvertrag, von einem solchen sind auch die Prozeßparteien stets ausgegangen.
Nach § 459 BGB haftet der Verkäufer einer Sache dem qegenüber Käufer dafür, daß die Kaufsache zu der Zeit, zu welchem die Gefahr auf den Käufer übergeht, nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu den gewöhnlichen oder den nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder mindern bzw. für solche Eigenschaften deren Vorliegen der Verkäufer zugesichert hat.
Eine Zusicherung im Sinne des § 459 Abs. 2 BGB ist vorliegend nicht gegeben. Allein die behauptete Erklärung der Zeugin Hölke, daß die Software den Anforderungen der beklagten Partei in jeder Hinsicht gerecht würde, stellt keine Zusicherung dar, sondern ist in ihrer Allgemeinheit lediglich eine Anpreisung des Kaufobjekts.

Ein Mangel bzw. Fehler des Computerprogramms im Sinne des § 459 Abs. 1 BGB ist gleichfalls nicht gegeben. Soweit der Beklagte zunächst schriftsäztlich behauptete, daß eine Nutzung des Druckers infolge der Installation der Software der Klägerin nicht mehr möglich sei, wurde dies auf entsprechende Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung insofern richtig gestellt, als eine Nutzung des Druckers gleichwohl weiter möglich sei, lediglich werde der Briefkopf der Firma des Beklagten nicht automatisch mit gedruckt, d. h. die Software ist ohne weiteres im Computersystem des Beklagten einsetzbar, es kommt jedoch hinsichtlich der Anwendung im Zusammenspiel mit dem Drucker zu Problemen. Diese Probleme stellen jedoch keinen Mangel bzw. Fehler der Software der Klägerin dar. Bei der Software " Win Travel" handelt es sich um ein Standartsoftwareprogramm der Klägerin, daß nicht speziell auf Nachfrage des Beklagten für dessen Computersystem erstellt wurde. Mögliche Schwierigkeiten im Rahmen der Installation bzw. im Rahmen der Anwendung einer Standartsoftware sind keine Fragen der Mängelgewährleistung im Sinne der §§ 459 ff. BGB, sondern stellen möglicher Weise eine positive Vertragsverletzung hinsichtlich nebenvertraglicher Hinweis- und Aufklärungspflichten dar. Ob vorliegend eine entsprechende Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht der Klägerin gegeben ist, d. h. ob die Handelsvertreterin in Kenntnis der zu erwartenden Probleme mit dem Drucker erst nach Vertragsabschluß Hinweise gab, konnte letztendlich dahin stehen, da selbst bei Vorliegen einer solchen Vertragsverletzung lediglich Schadensersatzansprüche des Beklagten begründet wären, diese sind jedoch in keiner Weise vorgetragen. Auch einem entsprechenden Hinweis des Gerichts in der mündlichen Verhandlung erfolgte kein entsprechender Vortrag des Beklagten. Da zur Zeit keinerlei Schadensersatzansprüche des des Beklagten dargelegt sind bzw. möglicherweise zu erwartende Schadensersatzansprüche in bestimmbarer Weise vorgetragen sind, steht dem Beklagten hinsichtlich der Klageforderung auch kein Zurückbehaltungsrecht zu.
Aus dem vorstehenden ergibt sich zugleich auch, daß die Einrede des nicht erfüllten Vertrages im Sinne des § 320 BGB nicht durchgreift, da die Klägerin ihren Pflichten aus dem zugrunde liegenden Kaufvertrag nachgekommen ist.

Die Zinsansprüche folgen aus den §§ 352 HGB in Verbindung mit § 284 Abs. 2, 286 BGB. Eine ausdrückliche Mahnung zur in Verzugsetzung bedurfte es nicht, da in der Rücktrittserklärung vom 21.07.98 eine endgültig Leistungsverweigerung zu sehen ist.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11 und 709 ZPO.

Unterschrift