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Rechtsprechung

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mitgeteilt von RA Frank Feser (HOELLER Rechtsanwälte)

Leitsätze von RA Feser

Genügt der geschäftliche TK-Kunde seiner vertraglichen Pflicht, den Verlust der Telekarte unverzüglich anzuzeigen nicht, haftet er für den angeblichen Mißbrauch nach Verlust bis zur Anzeige, sofern dies (formular-)vertraglich vorgesehen ist.

Wünscht der TK-Kunde eine lediglich verkürzte Speicherung seiner Einzelverbindungsdaten, so steht ihm im nachhinein mangels Anspruch auf Mitteilung der ungekürzten Verbindungsdaten kein Zurückbehaltungsrecht gegen den Zahlungsanspruch zu.

35A C 304/00 Verkündet am: 30.5.2000

als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

A m t s g e r i c h t H a m b u r g

URTEIL

Im Namen des Volkes

In dem Rechtsstreit


  • - Klägerin -

g e g e n

  • - Beklagte -

erkennt das Amtsgericht Hamburg, Abteilung 35A, durch den Richter am Amtsgericht * aufgrund der am 16. Mai 2000 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht:
  1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.340,73 DM nebst 6,75 % Zinsen p.a. hieraus vom 2. September 1999 bis zum 21. November 1999 und 7,25 % p.a. hieraus seit dem 22. November 1999 zu zahlen.
  2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 3.200,-- DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

T a t b e s t a n d

Die Parteien streiten um Entgelt aus einem Vertrag über Telekommunikationsdienstleistungen. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Parteien haben einen Vertrag über einen *-Netzanschluß für ein Mobiltelefon geschlossen. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und die Tarifliste der Klägerin sind Gegenstand des Vertrages. Auf die in Kopie vorliegenden AGB der Klägerin (Bl. 43 ff d.A.) wird Bezug genommen. Die Klägerin händigte der Beklagten die zur Nutzung des Anschlusses erforderliche Telekarte aus, mit welcher auch von Kartentelefonen aus telefoniert werden kann. Nachdem die Beklagte über längere Zeit weder die Grundgebühr noch das Verbindungsentgelt für den Anschluß entrichtet hatte, sperrte die Klägerin den Anschluß und kündigte gemäß ihren Geschäftsbedingungen den Vertrag. Sie erteilte der Beklagten unter dem 30. Juli 1999 Schlußrechnung über DM 2340,73. Die Klägerin mahnte mehrmals, zuletzt am 31. August 1999. Mit der Klage wird der vorstehende Betrag geltend gemacht Die Beklagte berühmt sich eines Zurückbehaltungsrechts. Die Klägerin nimmt laufend Bankkredit in die Klagforderung übersteigender Höhe in Anspruch, den sie vom 28. August bis zum 21. November 1999 mit 6,75% p.a. und seit dem 22. November 1999 mit 7,25% p.a. zu verzinsen hat.

Die Klägerin trägt vor, sie sei nicht wie die Beklagte behauptet - dazu verpflichtet, der Beklagten einen Einzelverbindungsnachweis mit den ungekürzten Nummern der angewählten Anschlüsse zu verschaffen. Ohne entsprechende Weisung des Kunden sei es ihr durch § 6 III der Verordnung über den Datenschutz für Unternehmen, die Telekommunikationsdienstleistungen erbringen (TDSV), sogar verboten, die Verbindungsdaten ungekürzt zu speichern; nach 80 Tagen müßten auch diese Daten gelöscht werden. Eine solche Weisung aber habe die Beklagte nicht erteilt. Daher sei die Klägerin nach § 6 IV S. 2 TDSV insoweit vom Beweis der Richtigkeit ihrer Rechnung frei. Ein Abhandenkommen der Telekarte - wie von der Beklagten behauptet - bestreitet die Klägerin. Ein Mitarbeiter der Beklagten habe telefonisch mitgeteilt, daß sich das Handy im Besitz des Geschäftsführers der Beklagten befinde. Schließlich sei es unverständlich, warum die Beklagte einen Verlust der Telekarte nicht umgehend der Klägerin gemeldet habe, wie es Ziff. *, * der Geschäftsbedingungen der Klägerin vorsehen. Die Karte hätte dann gesperrt und weiterer Mißbrauch verhütet werden können.

Die Klägerin beantragt, nach teilweiser Klagrücknahme (Inkassokosten, DM 203,-) die Beklagte zu verurteilen, DM 2340,73 sowie 6,75 % Zinsen hieraus seit dem 28. August 1999 bis zum 21. November 1999 und 7,25 % seit dem 22. November 1999 an sie zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, das Handy ihres Geschäftsführers sei abhanden gekommen. Einer ihrer Mitarbeiter habe der Klägerin nur irrtümlich eine andere Auskunft gegeben. In der Folgezeit sei mit dem Handy ungeheuer viel ins Ausland, vor allem nach Rumänien, telefoniert worden. Hier seien offensichtlich professionelle Betrüger am Werk. Die Beklagte habe von der Klägerin einen Einzelverbindungsnachweis für ihren Anschluß verlangt, um über die angerufenen Nummern den bzw. die Anrufer ausfindig machen und belangen zu können. Die Nummern seien jedoch um die letzten drei Ziffern gekürzt gewesen. Die Klägerin sei verpflichtet, der Beklagten zur Aufklärung des Mißbrauchs die vollständigen Verbindungsdaten zur Verfügung zu stellen. Die Beklagte mache insofern ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Zahlungsanspruch der Klägerin geltend.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die zulässige Klage ist vollen Umfangs begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf die Vergütung in begehrter Höhe gemäß § 611 I BGB i.V.m. Ziff. *, * der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin.

Zunächst hat die Klägerin gegen die Beklagte unstreitig Anspruch auf die angefallenen Verbindungsentgelte aus dem Vertrag über den *-Netzanschluß. Sollte die Telekarte tatsächlich abhanden gekommen sein, hat die Beklagte diesen Verlust nicht unverzüglich der Klägerin angezeigt. Hierzu war die Beklagte jedoch verpflichtet (Ziff. * der AGB der Klägerin). Sie hat demnach die durch den behaupteten Mißbrauch nach Verlust entstandenen Kosten bis zur Anzeige zu tragen (Ziff. * der AGB der Klägerin).

Der Beklagten steht ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB gegen den Zahlungsanspruch der Klägerin nicht zu, da sie keinen Gegenanspruch auf Mitteilung der ungekürzten Verbindungsdaten hat. Ohne besondere Anweisung des Kunden ist es der Klägerin gemäß § 6 III S. 2, IV 1 Nr. 1 TDSV verboten, die Zielrufnummem vollständig zu speichern. Dies dient dem Schutz des Kunden vor einer Ausspähung durch den Telekommunikationsanbieter. Da die Beklagte der Klägerin eine solche Anweisung aber nicht erteilt hat, ist das Begehren der Beklagten jetzt auf eine rechtlich unmögliche Leistung gerichtet, die einen Anspruch der Beklagten auf vollständige Auskunft nicht mehr begründen kann.

Die Zinsforderung ist aus §§ 284, 286 BGB (Verzug, Verzugsschaden) begründet. Zinsen sind erst seit dem 2. September 1999 zuzusprechen. Die Klägerin begehrt zwar Zinsen seit dem 28. August 1999. Dieser Zinsbeginn ist jedoch nicht schlüssig dargelegt. Auszugehen ist demnach vom Zugang des letzten Mahnschreibens vom 31. August 1999, welches bei normalem Postlauf der Beklagten am 1. September 1999 zuging. Verzug ist also erst seit dem 2. September 1999 gegeben (§ 187 I BGB).

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus § 91 I S. 1, 708 Nr. 11, 711 S. 1 ZPO.

Unterschrift