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mitgeteilt von RA Boris Hoeller ( HOELLER Rechtsanwälte )

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MarkenG § 50

Zur "Bösgläubigkeit" einer Markenanmeldung (hier: Sperrmarke).

DPMA, Beschluss vom 8. Juli 2002 - Az.: S 37/01 Lösch - "EXPLORER" - nicht rechtskräftig

München, den 8. Juli 2002
Aktenzeichen S 37/01 Lösch / 395 38 830.9/09

Deutsches Patent- und Markenamt

Beschluss

in dem Löschungsverfahren

des Herrn Ulrich Schele, (Markendesigner Südfrankreich)

- Antragsteller -

Verfahrensbevollmächtigter: Patentanwalt Dipl. Ing. Reinhard Treudler, 65705 Hofheim

g e g e n

*

- Antragsgegner und Markeninhaber -

Verfahrensbevollmächtigte: RAe *

betreffend die Marke 395 38 830

"EXPLORER"

hat die Markenebtellung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamtes durch den Leitenden Regierungsdirektor M* als Vorsitzenden, die Regierungsdirektorin S* und den Regierungsdirektor B*

b e s c h l o s s e n :

  1. Die Marke 395 38 830 "EXPLORER" wird gelöscht.
  2. Die Kosten trägt die Antragsgegnerin.

Gründe:

  1. Die Marke 395 38 830

    "EXPLORER"

    ist am 17.11.1995 für

    "Datenverarbeitungsgeräte, Datenverarbeitungsprogramme"

    in das Markenregister eingetragen worden.

    Der Antragsteller begehrt die Löschung der Marke. Er macht geltend, daß die Marke in bösgläubiger Absicht angemeldet worden sei (§ 50 I Nr. 4 MarkenG). Die Markeninhaberin habe sich einen bei der Anmeldung bereits allgemein bekannten beschreibenden Begriff monopolisieren lassen um Dritte abmahnen zu können. Die Markeninhaberin sei daher bei der Eintragung bösgläubig gewesen.

    Desweiteren macht der Antragsteller geltend, daß die Marke entgegen §§ 3, 8 MarkenG eingetragen worden sei. Die angegriffene Marke sei mit ihrem begrifflichen Inhalt: "durchsuchen, erforschen erkunden" für die eingetragenen Waren ohne Unterscheidungskraft und zudem eine beschreibende und freihaltebedürftige Sachangabe.

    Der Antragsteller hat zum Beleg seines Vorbringens zahlreiche Unterlagen eingereicht, die teilweise in Kopie auch diesem Beschluß in der Anlage beigefügt sind.

    Der Antragsteller beantragt,

      die Marke Nr. 395 38 830 zu löschen.

    Die Antragsgegnerin und Markeninhaberin hat dem Löschungsantrag widersprochen.

    Sie beantragt

      den Löschungsantrag in vollem Umfang und kostenpflichtig zurückzuweisen.

    Sie ist der Auffassung, daß der Löschungsantrag unbegründet sei.

    Zum einen sei die angegriffene Marke zum Zeitpunkt der Eintragung für die beanspruchten Waren keine beschreibende Sachangabe gewesen. Dies belege auch eine Vielzahl zivilgerichtlicher Entscheidungen zugunsten der Markeninhaberin. Etwas anderes ergäbe sich auch nicht aus den vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen. Die daraus ersichtlichen mit dem Begriff "Explorer" gekennzeichneten Produkte seien teilweise mit den gegenständlichen Waren in keiner Weise vergleichbar, im Inland nicht angeboten worden oder es sei auch da kein beschreibender Bezug erkennbar, teilweise sei "EXPLORER" dabei auch markenmäßig verwendet worden.

    Zudem seien sowohl in Deutschland wie auch im Ausland zahlreiche "Explorer"­Marken eingetragen.

    Das fremdsprachige Wort "explorer" sei auch eine Personen- und keine Sachbezeichnung. Dem Begriff "explorer" könne weder ein im Vordergrund stehender eindeutiger Sinngehalt entnommen werden, noch handele es sich ,um ein gebräuchliches Wort der Alltagssprache (unter Hinweis auf BGH GRUR 1999, 728 ff "PREMIERE II").

    Entgegen dem Vorbringen des Antragstellers lege daher auch kein Fall eines (bösgläubigen) "Markengrabbings", einer "Raubmarke" vor. Mit ihren zahlreichen Abmahnverfahren habe die Markeninhabarin lediglich versucht Ihre Markenrechte gegenüber unberechtigten Dritten zu wahren.

    Desweiteren trägt die Markeninhaberin vor, daß sich durch die Benutzung der Marke durch die Lizenznehmerin "Microsoft GmbH", die der Markeninhaberin gemäß § 26 MarkenG zuzurechnen sei, die Bekanntheit und die Kennzeichnungskraft der angegriffenen Marke erheblich erhöht hätten, was auch von Zivilgerichten bestätigt worden sei. In diesem Zusammenhang hat die Markeninhaberin eine Anhörung beantragt.

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten verwiesen.

  2. Der gemäß §§ 54, 50 I MarkenG zulässige Löschungsantrag ist begründet. Die Markeninhaberin war nach Überzeugung der Markenabteilung im Zeitpunkt der Anmeldung der gegenständlichen Marke am 22.9.1995 bösgläubig.

    Als Fälle der Bösgläubigkeit kommen allgemein die Tatbestände der Markenerschleichung, der Sperrmarke und der Hinterhaltsmarke in Betracht.

    Bösgläubigkeit wegen Markenerschleichung ist dann anzunehmen, wenn dem Anmelder bewußt ist, daß der Anmeldung absolute Schutzhindernisse entgegenstehen und er dieses Wissen dem DPMA gegenüber verschweigt.

    Der Tatbestand einer sogenannten Sperrmarke ist gegeben, wenn der Anmelder die Absicht hat, andere am Gebrauch dieser Bezeichnung zu hindern, insbesondere den Marktzutritt unter dieser Bezeichnung zu erschweren.

    Eine die Bösgläubigkeit begründende Hinterhaltsmarke liegt vor, wenn die Marke ersichtlich nicht zur markenmäßigen Verwendung, sondern lediglich dazu bestimmt ist, gutgläubige Dritte, die eine identische oder ähnliche Kennzeichnungen im Verkehr benutzen, unter Druck zu setzen oder zu erpressen.

    Im vorliegenden Fall ist zumindest der Tatbestand der Markenerschleichung in Kombination mit dem Fall einer Sperrmarke gegeben.

    Denn EXPLORER ist heute und war auch schon im Zeitpunkt der Eintragung für alle eingetragenen Waren nicht nur eine gemäß § 8 II Nr 2 MerkenG von der Eintragung ausgeschlossene Angabe, vielmehr wurde der Begriff "EXPLORER" schon vor dem Anmeldetag von zahlreichen Konkurrenten der Markeninhaberin zur Produktkennzeichnung verwendet.

    Das Wort "explorer" ist das französische Wort für "erforschen, durchsuchen, absuchen" bzw. das dem entsprechenden englischen Verb "to explore" für "erforschen, durchsuchen, absuchen" zugeordnete Substantiv mit der Bedeutung "Forscher, Forschungsreisender" (französisch: "explorateur").

    Im Hinblick auf die vorliegend eingetragenen Waren "Datenverarbeitungsgeräte, Datenverarbeitungsprogramme" ist die angegriffene Marke daher eine unmittelbar beschreibende Sachangabe i.S.d. § 8 II Nr. 2 MarkenG. Sie ist nämlich dazu geeignet anzugeben, daß die entsprechenden Waren in besonderer Weise dazu bestimmt und geeignet sind, etwas zu durchsuchen, zu erforschen bzw. bei englischem Verständnis, daß den entsprechenden Waren die besonderen Eigenschaften und Fähigkeiten eines Forschers zukommen.

    Entgegen dem Vorbringen der Markeninhaberin spricht gegen die ausschließlich beschreibende Qualität von "EXPLORER" dabei auch nicht der Umstand daß das Wort "explorer" eine Personen- und keine Sachbezeichnung ist. Denn eine entsprechende Personifizierung von Gegenständen ist in der modernen Werbesprache ein weit verbreitetes vollkommen übliches und überaus beliebtes Stilmittel. Denn das Produkt erhält dadurch menschliche Züge und eine Seele. Mit menschlichen Eigenschaften tritt es viel näher an den Kunden heran, als "tote" Ware das vermag. Konstruktionen dieser Art suggerieren Selbständigkeit und Eigendynamik der Ware. Sie wird zum Berater, Helfer, guten Bekannten und sogar Freund (zitiert aus der Website: http://dautels/dlk/rhetorik.htm vgl. dort auch die entsprechenden Beispiele).

    Gerade auch im hier einschlägigen Warensektor von Hard- und Software sind entsprechende Personifizierungen besonders beliebt.

    Der Begriff "EXPLORER" als solches läßt zwar noch offen was durchsucht erforscht bzw. auf welchem Gebiet die angebotene Forschersoft- oder hardware tätig werden soll. Diese begriffliche Unklarheit besteht jedoch ausschließlich bei einer abstrakten Betrachtung. Sobald eine ganz bestimmte Hard- oder Software damit bezeichnet wird, steht auch ganz eindeutig der jeweilige Forschungsgegenstand bzw. das zu Durchsuchende fest.

    Entgegen den Behauptungen der Markeninhaberin war und ist der Begriff "EXPLORER" schon seit langem ein auch in der deutschen (Werbe-)sprache vollkommen gebräuchlicher und üblicher Begriff, so daß es sich zwar rein formal noch um ein "fremdsprachliches" Wort handeln mag, tatsächlich aber ist "EXPLORER" schon lange auch ein zum deutschen Gegenwartswortschatz gehörendes Wort. So zeigt z.B. die anliegende Kopie eines Artikels über "Sommerpreisrätseln bei der Bahn" (KO1 c - 1) daß der Begriff "EXPLORER" schon 1993 zur Beschreibung eines entsprechenden Eisenbahntickets verwendet wurde. Weiter bekannt im deutschen Sprachraum wurde "EXPLORER" auch durch beliebige andere Waren, wie z. 8. einen Klappspaten (K 01 c-2), Videokarten, diverse so bezeichnete Forschungssatelliten u, v. a. m.

    Dementsprechend war die angegriffene Marke schon im Zeitpunkt der Anmeldung und damit erst recht im Zeitpunkt der Eintragung für alle eingetragenen Waren eine Angabe, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren dienen kann und mithin für alle eingetragenen Produkte eine gemäß § 8 II Nr. 2 MarkenG von der Einträgung ausgeschlossene freihaltebedürftige Angabe. Das hohe einer Eintragung entgegenstehende Freihaltebedürfnls zeigen allein schon die zahllosen von der Markeninhaberin angestrengten Abmahnverfahren.

    Entsprechend gesehen hat dies übrigens auch schon 1996 das LG München I in seinem Urteil vom 19. Juni 1996 mit dem Aktenzeichen 7 HKO 11205/96. Daß dieses Urteil nicht rechtskräftig geworden ist, wie die Markeninhaberin vorträgt, lag auch nicht daran, daß das Berufungsgericht die Rechtsfrage der Schulzunfähigkeit von "EXPLORER" für Hard- und Software anders beurteilt und damit dieses Urteil aufgehoben hätte, vielmehr hat es die Markeninhaberin verstanden, sich mit der damaligen Antragsgegnerin über eine Lizenzvereinbarung zu einigen: dementsprechend konnte sie einer Entscheidung über die Richtigkeit und damit einer eventuellen Bestätigung des Erstinstanzlichen Urteils zuvorkommen.

    Daß vorliegend aber für die Markeninhaberin nicht nur schlicht ein schutzunfähiger Begriff eingetragen wurde, sondern es sich darüberhinaus um einen zur Fallgruppe sogonannter Markenerschleichungen bzw. Sperrmarken zahlenden Fall einer bösgläubigen Anmeldung handelt, ergibt sich daraus, daß "EXPLORER" gerade und auch im hier einschlägigen Warenbereich schon einige Zeit durch zahlreiche Konkurrenten der Markeninhaberin zur Produktkennzeichnung verwendet wurde bevor die Markeninhaberin "EXPLORER" als Marke anmeldete und damit für sich monopolisierte:

      - So wurde am 21.8.1995 eine Software zur "Erforschung von Polygonen (deren Entwicklung seit 1989 lief) für den Apple Macintosh als "Polygon Explorer" vorgestellt. (K 01 c — 7).

      - Im April 1992 konnte man von einer Software zum "erkunden" von Source-Code mit der Bezeichnung "Xray Source ExpIorer" lesen. (K 02 d).

      - bereits Im Mai 1993 gab es für Windows 3.1 zum Erforschen von online Informationen ein "Explorer Utility" (K 02 f).

      - ebenfalls schon im Jahr 1993 (im September) stellte AST Research "Explorer­Notebook" vor (K 02 h).

      - Im Mal 1994 hatte das Windowsprogramm "Chicago" neben u. a. der Funktion des Info Qenter Viewers euch eine Explorer-Funktion zum Abfragen der Post. (K 02j).

      - Bei Unix und VMS Workstations wurde schon 1994 als proprietärer Viewer neben HP Help View und SUN Help Viewer der IBM Info Explorer angeboten. (K 02 k).

      - am 5. August 1994 konnte man von einem DOS-Tool zur grafischen Darstellung von Statistiken unter der Bezeichnung "PS-Explorer" lesen (K 02 1).

      - Zur Erforschung des WWW gab es bereits 1994 für OS/2 den Web Explorer. (K 02 n).

      - noch am 5. September 1995 also zwei Wochen vor der Anmeldung der angegriffenen Marke) wurde von einem Software-Tool zur Durchforschung bestimmter Daten mit der Bezeichnung "Explorer" berichtet. (K 02 q).

      - Zur Datenbankabfrage wollte Borland Anfang 1998 eine Software auf den Markt bringen, die u. a. ein Tool zur Analyse und Bearbeitung einer Datenbank unter der Bezeichnung "Database-Explorer" enthielt. .(K.03 d). . .

      - Für die Erforschung von FTP-Sites gab es seit März 1995 den "FTP-Explorer". (KO4d).

    Die Liste dieser belegbaren Verwendungen des Begriffs "EXPLORER" für Hard- und Software mit entsprechenden speziellen Eigenschaften zum durchforschen, Durchsuchen u. ä. insbesondere von (großen) Datenmengen könnte noch lange fortgesetzt werden.

    All dies zeigt jedenfalls, daß "EXPLORER" schon im Zeitpunkt der Anmeldung (1) (nicht der Eintragung) der angegriffenen Marke nicht nur abstrakt gemäß den Vorgaben des § 8 MarkenG als beschreibende Angabe schutzunfähig war, sondern ganz konkret schon von beliebig vielen Konkurrenten der Markeninhabern auch schon zur Produktkennzeichnung verwendet wurde.

    Im Hinblick auf den auch schon vor der großen "Globalisierungswelle" generell meist weltweiten Vertrieb von Software, kann entgegen dem Vorbringen der Markeninhaberin nicht davon ausgegangen werden, daß die oben genannten, mit "EXPLORER" bezeichneten Softwareprodukte nicht auch in Deutschland "bestimmungsgemäß" vertrieben worden wären. Zumal auch in einer deutschen Computerzeitschrift darüber berichtet wurde.

    Im übrigen könnte auch das Fehlen einer entsprechenden Vermarktung der oben genannten Produkte in Deutschland nichts an der damit belegten tatsächlichen Verwendung des Wortes EXPLORER zur beschreibenden Kennzeichnung dieser Produkte ändern. Da Deutschland auch nicht von der übrigen Welt vollkommen isoliert ist und zudem gerade auf dem hier einschlägigen Warengebiet von Hard­und Software nahezu ausschließlich englische Bezeichnungen verwendet werden, wäre "EXPLORER" daher auch dann schon im Anmeldezeitpunkt als bekannte ausschließlich beschreibende Sachangabe anzusehen gewesen, wenn die oben genannten Produkte in Deutschland niemals erhältlich gewesen wären.

    Die oben dargelegte Situation der ständigen Verwendung des Begriffes "EXPLORER" zur Kennzeichnung entsprechender Hard- und Software war der Markeninhaberin zum Zeitpunkt der Markenanmeldung aber auch bekannt oder mußte ihr zumindest bekannt sein.

    Denn zum einen war die Zahl entsprechend gekennzeichneter Produkte zur damaligen Zeit so groß, daß einem Marktteilnehmer dieses Faktum nicht entgehen konnte. Die Markeninhaberin vertrieb nach eigenem Vorbringen selbst seit Ende der 80iger Jahre unter der Bezeichnung "EXPLORER" ein Softwareprodukt und war daher an diesem Markt beteiligt. Aus ihrem Verhalten nach der erfolgreichen Monopolisierung dieses Begriffes Ende 1995 für sich, kann geschlossen werden, daß die Markeninhaberin den Markt und insbesondere die dort verwendeten Produktbezeichnungen auch schon vor der Anmeldung von "EXPLORER" sehr genau beobachtete. Anders wäre kaum erklärbar wie nach 1995 eine so große (von der Markeninhaberin selbst vorgetragene) Zahl von Gerichtsverfahren gegen Konkurrenten der Markeninhaberin, die die Bezeichnung "EXPLORER" (noch) verwendeten, hätte durchgeführt werden können.

    Die von der Markeninhabenn trotz dieser Kenntnis durchgeführte Anmeldung von "EXPLORER" als Marke, bei der dem Deutschen Patent- und Markenamt die beschreibende Verwendung dieses Begriffs durch Konkurrenten der Markeninhabern verschwiegen wurde, gehört zum einen in die Bösgläubigkeitsfallgruppe der "Markenerschleichung"

    Vor allem und in erster Linie handelt es sich vorliegend jedoch um einen Fall von Bösgläubigkeit wegen einer "Sperrmarke".

    Diese zum Löschungsgrund des § 50 I Nr. 4 MarkenG "Bösgläubigkeit" zählende Fallgruppe erfaßt Marken, die in erkennbar wettbewerbswidriger Behinderungsabsicht angemeldet werden, um Dritte von der Aufnahme oder Fortführung der Benutzung dieser Kennzeichnung auszuschließen (vgl. Althammer/Ströbele/Klake, MarkenG 6. Auflage, § 50 Rn 7 m. w. N.). Typischerweise sind dies Fälle, in denen bekanntermaßen Dritte an der fraglichen Marke bereits einen wertvollen (wenn auch nicht durch Registrierung begründeten Besitzstand im Inland oder Ausland erworben haben (vgl. Althammer/Ströbele/Klaka, MarkenG 6. Auflage, § 50 Rn 7 m. w. N.).

    Dementsprechend ist es vorliegend noch nicht einmal entscheidungserheblich, daß "EXPLORER" für die eingetragenen Waren eine nichtschutzfähige beschreibende Angabe darstellt. Denn auch wenn dem Vorbringen der Markeninhabern folgend, "EXPLORER" als Marke schutzfähig wäre, und auch bei den erwähnten "EXPLORER"-Produkten die Verwendung markenmäßig wäre, bliebe es bei der langjährigen Vorbenutzung dieses Begriffes durch Dritte zur geschäftsmäßigen Kennzeichnung ihrer Hard- und Softwareprodukte.

    Vorliegend hatten, wie oben beispielhaft dargelegt, zahllose Konkurrenten der Markeninhaberin lange Jahre vor Anmeldung der angegriffenen Marke durch die Markeninheberin bereits Produkte mit der Bezeichnung "EXPLORER" auf den Markt gebracht. Da es sich zudem bei "EXPLORER" wie oben dargelegt ohnehin um einen beschreibenden Begriff handelt, war es zum einen nur normal, daß alle Markteilnehmer ihre im engsten Warenähnlichkeitsbereich liegenden Produkte auch gleichzeitig und nebeneinander mit "EXPLORER" bezeichneten und vertrieben, wobei ja auch die Markeninhaberin lange Jahre ohne Markeneintragung unter diesen Anbietern von Explorerprodukten zu finden war.

    Dieser von zahllosen Unternehmen zur Produktkennzeichnung parallel verwendete Begriff "EXPLORER" stellte für alle Wettbewerber zusammen auch einen "wertvollen Besitzstand" dar, da jeder, der wollte, sein entsprechendes Produkt so nennen konnte und auch unangefochten durch Monopolrechtsinhaber durfte. Dies änderte sich erst als die Markeninhaberin nach langen Jahren der mit allen anderen Anbietern von Explorerprodukten parallelen freien, unregistrierten Benutzung, die Registrierung von "EXPLORER" als Marke erreichte.

    Die mehr oder weniger noch am Tag der Eintragung von der Markeninhaberin ins Rollen gebrachte und aus Ihrem eigenen Vorbringen zu entnehmende Abmahn- und Prozeßlawine (das Urteil im oinstweiligen Verfügungsverfahren gegen den Microsoft Windows 95 EXPLORER datiert vom 19.6.1995) zeigt deutlich, daß die Markeninhaberin die zahlreichen Vorbenutzungen kannte, und Ihr nunmehriges Monopoolrecht zweckfremd sofort als Mittel des Wettbewerbs einsetzte. Im Hinblick auf die enge zeitliche Abfolge und die Vehemenz ihres Vorgehens ist auch deutlich erkennbar, daß die Verhinderung oder auch nur die Erschwerung der Benutzung der Marke durch die Dritten (bzw. die als Ausgleich zu erlangenden Lizenz- bzw.Abmahngebühren) das wesentliche Motiv der Anmeldung darstellte.

    Damit war die Anmeldung der Marke "EXPLORER" gemäß § 50 I Nr. 4 MarkenG bösgläubig.

    Es kommt mithin auch nicht darauf an, ob "EXPLORER", wie von der Markeninhaberin vorgetragen, mittlerweile für Microsoft als Marke durchgesetzt und von einem der Markeninhaberin zurechenbaren hohen Bekanntheitsgrad ist. Denn es liegt in der Natur von Bösgläubigkeitsfällen wie dem vorlIegenden, bei denen aus einer Gruppe von Wettbewerbern, die alle zusammen, zeltgleich nebeneinander zur geschäftlichen Kennzeichnung vergleichbarer Produkte einen bestimmten Begriff verwenden, daß der einzelne, der nach einer gewissen Beobachtungszeit plötzlich diesen Begriff für sich als Marke monopolisieren läßt, alle anderen mit der Verwendung dieses Begriffes vom Markt verdrängen kann und dann selbstverständlich nach einer gewissen Zeit die "Früchte" seiner bösgläubigen Anmeldung in Form einer durch das erschlichene Monopol gesteigerten Bekanntheit der bösgläubig erlangten Marke ernten kann.

    Würde man in solchen Fällen diese nach der Eintragung erworbene Verkehrsdurchsetzung zugunsten des Markeninhabers werten, führte man diesen Bösgläubigkeitslöschungsgrund ad absurdum.

    Es bestand auch keine Veranlassung, die von der Markeninhaberin beantragte Anhörung anzuberaumen. Die Markeninhaberin hat die bei der Entscheidung in Betracht zu ziehenden Gesichtspunkte in ihren Schriftsätzen ausführlichst angesprochen. Insoweit stand nicht zu erwarten, daß bei einer Anhörung eine wejtere Klärung der Sach- und Rechtslage herbeigeführt werden könnte. Vielmehr war aus Gründen der Prozeßökonomie ohne Anhörung Beschluß zu fassen.

  3. Im Hinblick auf die Bösgläubtgkeit der Markeninhaberin bei der Anmeldung entspricht es vorliegend gemäß § 63 I MarkenG der Billigkeit ihr die Kosten des Löschungsverfahrens aufzuerlegen.

  4. Auf die im Übersendungsschreiben enthaltene Rechtsmittelbelehrung wird hingewiesen.

Markenabteilung 3.4.

Unterschriften