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mitgeteilt von RA Boris Hoeller (HOELLER Rechtsanwälte)

Info

Die Werbung "Oddset, die Sportwette mit festen Quoten, nur bei Lotto!" verstößt gegen § 3 UWG , da sie geeignet ist, die angesprochenen Verkehrskreise darüber irrezuführen, dass Oddset Wetten nicht nur von staatlichen Lottogesellschaften, sondern auch von privaten Firmen angeboten werden.

LG München I Urteil vom 04.05.2001 - Az.: 21 O 10859/00 'ODDSET - Nur bei Lotto!" - rechtskräftig (BGH Urteil vom 28. Oktober 2004 - Az.: I ZR 59/02).

21 O 10859/00 Verkündet am 8.5.2001

als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle

Landgericht München I

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

  • der *

  • Klägerin,

g e g e n
  • *

  • Beklagter

erlässt das Landgericht München I auf die mündliche Verhandlung vom 7. März 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht *, den Richter am Landgericht * und den Richter am Landgericht * folgendes
Endurteil
  1. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis DM 500.000,00 ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollziehen an ihrem Präsidenten,

    zu unterlassen,

    im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs wie folgt zu werben:

    "Oddset, die Sportwette mit festen Quoten, nur bei Lotto!"

  2. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu geben, in welchem Umfang sie mit der unter Ziffer 1 genannten Werbeaussage ab dem 1.3.2000 geworben hat, wobei die Verbreitungswege (Bezeichnung der Fernseh-/ Rundfunksender sonstige Medien wie Zeitungen) und die Häufigkeit der Verwendung der Werbeaussage zu Wettbezwecken (insbesondere Sendetage und Sendezeiten in Rundfunk und Fernsehen) sowie Erscheinungstage in Printmedien anzugeben ist.
  3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der der Klägerin infolge der unter Ziff I. bezeichneten Werbung ab dem 1.3.2000 entstanden ist.
  4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 110.000,00 vorläufig vollstreckbar.

T a t b e s t a n d

Die Klägerin macht gegenüber dem Beklagten wettbewerbsrechtliche Ansprüche wegen einer Werbung für Sportwetten geltend. Die Klägerin ist ein privates Sportwettenunternehmen und bietet seit 1990 Sportwetten mit festen Gewinnquoten an.

Der Beklagte veranstaltet seit 1999 über die staatliche Lotterieverwaltung und den Deutschen Lotto- und Totoblock ebenfalls Sportwetten.

Der Beklagte ist Inhaber der am 6.11.1998 für die Veranstaltung von Lotterien eingetragenen Wort-/Bildmarke "ODDSET DIE SPORTWETTE" (Anlage K 2) -

Unter dieser Bezeichnung bietet der Beklagte seine Sportwette an.

Die Sportwetten beruhen auf dem Prinzip, dass für bestimmte Sportveranstaltungen vom Sportwettanbieter Gewinnquoten festgelegt werden. Diese Art von Wetten haben in England und Skandinavien eine lange Tradition und werden seit 1990 zunehmend auch in der Bundesrepublik Deutschland angeboten.

Diese Wetten werden im angelsächsischen Raum und in Skandinavien als "Oddset" bezeichnet.

Dieser Begriff wurde von dem Bundesgesetzgeber zur Bezeichnung von Wetten mit festen Gewinnquoten bei der 1999 erfolgten Änderung des Rennwett- und Lotteriegesetzes übernommen (Anlage K 8)

So wurde die Bezeichnung des Abschnittes II dieses Gesetzes wie folgt neu gefasst:

Besteuerung von, Lotterien, Ausspielungen und Wetten zu festen Odds (Oddset-Wetten)

In den neugefassten §§ 17 und 19 sowie den Ausführungsbestimmungen zum Rennwett- und Lotteriegesetz wird die Bezeichnung Oddset-Wette als Beschreibung von Wetten mit fester Gewinnquote verwandt, so heißt es z.B. in. § 17 "eine Lotterie, Ausspielung oder Oddset-Wette..".

Die Beklagte warb für die von ihr angebotene Sportwette mir dem Slogan:

"Oddset, die Sportwette mit festen Quoten, nur bei Lotto!"

Die Klägerin, die diese Werbung für wettbewerbswidrig hält, begehrt mit der Klage Unterlassung, Schadensersatzteststellung und Auskunft.

Die Klägerin trägt vor:

Die Begründetheit der Klage ergebe sich aus §§ 1, 3 UWG. Mit der Aussage: Oddset, Die Sportwette mit festen Gewinnquoten, nur bei Lotto" spiegele die Beklagte wahrheitswidrig zum einen vor, dass Sportwetten mit festen Gewinnquoten lediglich von den Lotto-Unternehmen, zu denen sie gehöre, angeboten werden würden. Zum anderen enthalte diese Aussage die Behauptung einer unzutreffenden Monopolstellung (Alleinstellungswerbung) Durch den Slogan werde bei den beteiligten Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen, dass es Sportwetten nur bei den Lottoannahmenstellen gebe.

Der Begriff Oddset sei ein für Sportwetten allgemein gebräuchliches Synonym. Er komme aus dem skandinavischen bzw. angelsächsischen Raum und sei u.a. von der Beklagten und den weiteren Mitgliedern des Deutschen Lotto- und Totoblocks übernommen worden. Dies gehe sowohl aus den Begründungen der Landesgesetzgeber zu den Landessportwettgesetzen hervor, als auch aus der Begründung des Bundesgesetzgebers zur Änderung des Rennwett- und Lotteriegesetzes.

Die Klägerin beantragt:

  1. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis DM 500.000,00 ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollziehen an ihrem Präsidenten,

    zu unterlassen,

    im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs wie folgt zu werben:

    "Oddset, die Sportwette mit festen Quoten, nur bei Lotto!"

  2. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu geben, in welchem Umfang sie mit der unter Ziffer 1 genannten Werbeaussage ab dem 1.3.2000 geworben hat, wobei die Verbreitungswege (Bezeichnung der Fernseh-/ Rundfunksender sonstige Medien wie Zeitungen) und die Häufigkeit der Verwendung der Werbeaussage zu Wettbezwecken (insbesondere Sendetage und Sendezeiten in Rundfunk und Fernsehen) sowie Erscheinungstage in Printmedien anzugeben ist.
  3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der der Klägerin infolge der unter Ziff I. bezeichneten Werbung ab dem 1.3.2000 entstanden ist.
  4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 110.000,00 vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor:

Ein Unterlassungs-, ein Auskunfts- und ein Schadensersatzanspruch seien nicht gegeben, da die Aussage: "Oddset, die Sportwette mit festen Gewinnquoten, nur bei Lotto!" nicht als irreführende Werbung, § 3 UWG, zu qualifizieren sei.

Mit der Aussage werde weder behauptet, dass es nur bei den Lotto-Unternehmen Sportwetten mit festen Gewinnquoten gebe, noch, dass die von den Lotto-Unternehmen angebotenen Sportwetten mit festen Gewinnquoten eine Spitzenstellung im Vergleich zu den von anderen Unternehmen angebotenen Sportwetten mit festen Gewinnquoten einnehmen. Es werde lediglich behauptet, dass die unter der inzwischen bekannten Marke "Oddset" angebotene Wetten nur von den staatlichen Lotterieunternehmen veranstaltet werden würden. Dies ergebe sich aus der grammatikalischen Struktur der Werbeaussage, deren Hauptsatz aus "Oddset, nur bei Lotto" bestehe, wogegen die Apposition "die Sportwette mit festen Quoten" lediglich eine Beschreibung des Spielmodus der unter der Bezeichnung "Oddset" angebotenen Werten sei, der im Gegensatz zum nach dem Totalisatorprinzip funktionierenden sonstigen Sportwetten stehe.

Die von der Klägerin vorgenommene Interpretation der Werbeaussage scheide insbesondere deswegen aus, weil der verständige und durchschnittlich informierte Verbraucher, auf den auch im UWG inzwischen abzustellen sei, wisse, dass Sportwetten mit festen Gewinnquoten nicht nur von den staatlichen Lotterieunternehmen, somit auch vor, anderen Unternehmen angeboten werden würden. Die Notwendigkeit werblich hervorzuheben, dass Oddset" nur von den Lotto-Unternehmen angeboten werde, ergebe sich insbesondere daraus, dass nicht nur die Klägerin, sondern auch den letzten Monaten auch verschiedene andere Unternehmen versucht hätten, sich durch Verwendung der bekannten Marke "Oddset" zur Bewerbung ihrer Sportwetten an die bekannte Marke des Beklagten anzuhängen.

Es sei unzutreffend, dass die Bezeichnung "Oddset" von den angesprochenen Verkehrskreisen als Synonym von Sportwetten verstanden werde. Das am 1. April 2000 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Rennwetten- und Lotteriegesetzes bezeichne zwar Wetten zu festen Quoten als "Oddsetwetten". Der Begriff "ODDSET" beziehe sich nach dem Gesetz offensichtlich lediglich auf einen bestimmten Wettmodus, nämlich auf das Wetten nach "festen Quoten". Er bezeichne weder die Wette selbst noch beziehe er sich auf die besondere Gruppe der Sportwetten. Im übrigen lasse sich aus der Verwendung eines Begriffes in einem Gesetz, das sich an einen kleinen Kreis von Fachleuten wende, nicht auf das entsprechende Verkehrsverständnis des Durchschnittsverbrauchers schließen.

Die von der Klägerin vorgenommene Interpretation der Werbeaussage als Alleinstellungswerbung sei abwegig, weil der bestimmte Artikel "die" in der Werbeaussage in keiner Weise hervorgehoben sei.

Selbst wenn die angegriffene Werbeaussage als irreführende Werbung zu qualifizieren wäre, so wären den für den Beklagten handelnden Personen weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit zur Last zu legen. Deshalb schieden jedenfalls ein Schadensersatzanspruch und ein diesen vorbereitender Auskunftsanspruch aus.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf sämtliche zwischen den Parteien gewechselte Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 7.2.2001 Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die zulässige Klage erwies sich als begründet.

  1. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 3 UWG zu, da die Werbung irreführend ist.

    Die Werbung ist irreführend, weil zumindest ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise die Werbung des Klägers dahingehend versteht, dass Oddset-Wetten nur von den staatlichen Lottogesellschaften angeboten werden.

    Es kommt dabei auf die Auffassung des Verkehrs an. Es ist dabei von einem durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher auszugehen.

    Der Grad der Aufmerksamkeit eines solchen Verbrauchers ist abhängig von der jeweiligen Situation. Er wird vor allem von der Bedeutung der beworbenen Waren' oder Dienstleistungen für den angesprochenen Verbraucher abhängen und wird beispielsweise dort eher gering, d.h. flüchtig sein, wo es um den Erwerb geringwertiger Gegenstände des täglichen Bedarfs geht. Auch das erste Durchblättern von Werbebeilagen oder Zeitungsanzeigen wird regelmäßig flüchtig erfolgen, wobei sich die Begriffe "flüchtig" und "verständig" nicht gegenseitig ausschließen. Erst im Falle eines am Angebot einer bestimmten nicht völlig geringwertigen -Ware oder Dienstleistung entweder von vorneherein bestehenden oder bei flüchtiger Durchsicht geweckten Interesses wird. Die Werbung mit größerer Aufmerksamkeit wahrgenommen. Diese situationsadäquate Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers ist für die Ermittlung des Verkehrsverständnisses maßgebend. Mögliche Missverständnisse flüchtiger oder uninteressierter Leser haben dabei zurückzutreten (BGH GRUR 2000, 619 " Orient-Teppichmuster")

    Es ist für das Verständnis des Werbeslogans maßgeblich, wie die angesprochene Verkehrskreise den Begriff "Oddset" verstehen,

    Sofern zumindest ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise den Begriff "Oddset" als Synonym für Sportwetten bzw. Wetten zu festgesetzten Quoten versteht, wird ein Verbraucher dem Slogan entnehmen, dass Sportwetten zu festgesetzten Gewinnquoten nur von den staatlichen Lottogesellschaften veranstaltet werden und zwar unabhängig davon, auf welchen Aufmerksamkeitsgrad abgestellt wird.

    Es ist nach Auffassung der Kammer für das Verkehrverständnis des Begriffs "Oddset" ein gewichtiger Anhaltspunkt, dass der Begriff "Oddset-Wetten" von dem Gesetzgeber als Synonym für Wetten zu festen Odds verwendet wird.

    Die Klägerin hat weiter unwidersprochen vorgetragen, dass der Begriff "Oddset" in Skandinavien und in. Großbritannien, wo diese Wetten eine lange Tradition haben, zur Beschreibung von Wetten mit festen Odds verwendet wird.

    Die Tatsache, dass der Gesetzgeber den Begriff zur Beschreibung einer Wettart übernommen hat, stellt ein hinreichendes Indiz dar, dass dem durchschnittlich informierter Verbraucher, der sich für Lotterie und Wetten interessiert, dieser in anderen Länder seit langem verwendete Begriff bekannt ist und er den Begriff "Oddset" in dem angegriffenen Slogan als beschreibende Angabe versteht und nicht als Herkunftsangabe der angebotenen Sportwette,

    Der Werbeslogan ist daher geeignet, die angesprochenen Verkehrskreise darüber irrezuführen, dass Oddset-Wetten nicht nur von den staatlichen Lottogesellschaften, sondern auch von privater, Firmen angeboten werden, die im Zuge der Wiedervereinigung in Abweichung von der Praxis in den alten Bundesländer eine Genehmigung für die Veranstaltung von Sportwetten erhalten haben.

  2. Der Schadensersatzfeststellungsanspruch erwies sich als begründet.

    Der Klägerin steht nach § 13 Abs. 6 Nr. 1, 3 UWG ein Anspruch auf Schadensersatz zu, da der Beklagte wissen hätte müssen, dass der von ihn verwendete Werbeslogan irreführend ist und der Eintritt eines Schadens durch die Werbung wahrscheinlich ist.

    Es ist davon auszugehen, dass dem Beklagten als Veranstalter von Lotterien und Wetten die Bezeichnungen von Wetten zu festen Quoten als Oddset-Wetten bekannt war und es wusste, dass die Lottogese1lschaften nicht die einzigen Anbieter solcher Wetten sind. Der Beklagte musste wissen, dass bei, dem entsprechenden Verständnis des Begriffes "Oddset" wie auch vorn Bundesgesetzgeber verwendet, der Slogan irreführend verstanden werden kann.

    Für die Feststellung der Schadensersatzpflicht reicht die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts aus (Baumbach/Hefermehl Wettbewerbsrecht, 21.Aufl., Einl. UWG Rdn.500).

    Es ist hinreichend wahrscheinlich, dass durch die irreführende Werbung bei der Klägerin Umsatzeinbußen eingetreten sind und Aufwendungen zur Beseitigung einer möglichen Marktverwirrung getroffen werden mussten und getroffen werden müssen.

  3. Der Anspruch auf Auskunft zur Vorbereitung des Schadensersatzanspruches ist gewohnheitsrechtlich anerkannt und beruht auf § 242 BGB.

  4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO und die Entscheidung über die vor1äufige Vollstreckbarkeit auf den § 709 ZPO.

Unterschriften