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mitgeteilt von RA Boris Hoeller ( HOELLER Rechtsanwälte )

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siehe auch Entscheidung in der Hauptsache: OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 12. September 2002, Az: 6 U 128/01 'drogerie.de'

6 U 128/01
3/12 O 4/01 LG Frankfurt/Main
Verkündet am 17.01.2002


* Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Im Namen des Volkes

Teilurteil

In dem Rechtsstreit

  • *

    Beklagten und Berufungskläger,

g e g e n
  • *

    Kläger und Berufungsbeklagten,


hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht *, Richter am Oberlandesgericht * und Richterin am Landgericht Dr. * im schriftlichen Verfahren (Schriftsatzschluß 03. Januar 2002)
für R E C H T erkannt

    Der Antrag des Klägers auf Herabsetzung der in dem am 23.03.2001 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main festgesetzten Sicherheitsleistung wird zurückgewiesen.

T a t b e s t a n d

Der Kläger hat gegen die Beklagten ein Urteil erwirkt, in welchem diese verurteilt wurden, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken unter der Domain drogerie.de ohne unterscheidungskräftigen Zusatz im Internet aufzutreten und/oder diese Domain selbst oder durch Dritte zu gebrauchen/gebrauchen zu lassen. Die Beklagten wurden weiter verurteilt, gegenüber der DENIC eG den Verzicht auf die Domain drogerie.de zu erklären.

Das Landgericht hat das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 212.000 DM für vorläufig vollstreckbar erklärt. Es hat den Streitwert auf 200.000 DM festgesetzt.

Gegen dieses Urteil haben die Beklagten Berufung eingelegt. Der Kläger wendet sich gegen die Höhe der festgesetzten Sicherheitsleistung. Er ist der Auffassung, bei der Festsetzung der Sicherheitsleistung hätten allein die Kosten berücksichtigt werden dürfen, da für den Eintritt und die Höhe eines möglichen Schadens, der den Beklagten bei der Befolgung des Unterlassungsgebots entstehen könnte, jeder Anhaltspunkt fehle. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass die Beklagten derzeit noch überhaupt keine Portalgeschäfte unter der streitbefangenen Domain veranstalteten.

Auch tendiere der Vollstreckungsschaden im Falle einer Ubertragung der Domain gegen Null, weil eine Rückübertragung problemlos per K/K-Antrag bzw. Dispute-Eintrag bei der DENIG möglich sei.

Die Beklagten treten dieser Argumentation entgegen. Sie meinen, bei der Vollziehung des Benutzungsverbotes könnte ihnen durchaus ein Schaden entstehen, der die vom Landgericht angesetzte Streitwerthöhe überschreitet.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Der Antrag des Klägers ist gemäß § 718 ZPO zulässig, da die Beklagten in zulässiger Weise Berufung eingelegt haben. Einer Anschlußberufung des Klägers bedurfte es nicht (Zöller-Herget § 718 Rn. 2).

Der Antrag ist jedoch nicht begründet, da das Landgericht die Höhe der Sicherheitsleistung gem. § 709 S. 1 ZPO zutreffend festgesetzt hat.

Bei der Höhe der Sicherheitsleistung sind nicht nur die Kosten des Klägers zu berücksichtigen, sondern auch die Verurteilung der Beklagten in der Hauptsache, und zwar hinsichtlich beider Ansprüche. Auch soweit die Beklagten verurteilt wurden, gegenüber der DENIG den Verzicht auf die Domain drogerie.de zu erklären, ist das Urteil vorläufig vollstreckbar, nämlich nach § 888 ZPO, nicht nach § 894 ZPO. Denn aus der Begründung der Klage und insbesondere den Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 09.02.2001 ergibt sich, dass es ihm nicht darum geht, die Beklagten zur Abgabe einer ganz bestimmten Willenserklärung gegenüber der DEN IG zu bewegen, was Voraussetzung für eine Vollstreckbarkeit nach § 894 ZPO wäre. Das Petitum des Klägers geht vielmehr dahin, die Beklagten neben der Unterlassung auf die Beseitigung des bereits eingetretenen Störungszustandes verurteilen zu lassen. Ihr Antrag ist daher so auszulegen, dass er auf die Freigabe der Domain gerichtet ist, ohne dass es dem Kläger darauf ankäme, mit welchen Maßnahmen bzw. Willenserklärungen gegenüber der DENIG im Einzelnen die Beklagten dies erreichen. Der titulierte Anspruch ist daher nicht nach § 894 ZPO vollstreckbar (OLG Nürnberg JurBüro 2000, 317). Die Vollstreckung richtet sich nach § 888 ZPO und ist daher vor Rechtskraft des Urteils möglich mit der Folge, dass deri(läger auch insoweit Sicherheit zu leisten hat.

Das Landgericht hat die Höhe der Sicherheitsleistung zutreffend auf 212.000 DM festgesetzt und sich bzgl. der Hauptforderungen offensichtlich an dem auf 200.000 DM festgesetzten Streitwert orientiert.

Die Höhe der Sicherheitsleistung ist in vermögensrechtlichen Streitigkeiten wie der hier vorliegenden nach dem Wert der Hauptforderung zu bemessen; zusätzlich ist ein möglicher darüber hinausgehender, nach § 717 Abs. 2 ZPO erstattungsfähiger Vollstreckungsschaden einzubeziehen (Zöller-Herget § 709 Rn. 4; MünchKomm-Krüger § 709 Rn. 4). Der Wert der Hauptforderung richtet sich nach der Höhe des festgesetzten Streitwertes.

Zwar trifft es zu, dass es für die Bemessung des Streitwertes auf das klägerische Interesse an der Rechtsdurchsetzung ankommt, während die Höhe der Sicherheitsleistung so zu berechnen ist, dass Schäden, die ein Schuldner durch die Vollstreckung eines später abgeänderten oder aufgehobenen Titels erleiden kann, abgedeckt sind. Dies führt jedoch grundsätzlich nicht dazu, die Sicherheitsleistung niedriger zu bemessen als den Streitwert, da im allgemeinen nicht sicher davon ausgegangen werden kann, dass ein möglicher Vollstreckungsschaden hinter dem Streitwert zurückbleibt. Die Erklärung eines Urteils für vorläufig vollstreckbar erfolgt zum Vorteil des Gläubigers. Demgegenüber erfordert es der Zweck der Sicherheitsleistung, den Schuldner im Falle der Vollstreckung vor Rechtskraft des Urteils abzusichern, Unwägbarkeiten bei der Schätzung eines möglichen Schadens zu Lasten des Gläubigers zu berücksichtigen, der lediglich eine Bürgschaft erbringen muss.

Gerade im Bereich der irreführenden Werbung, auf die der Kläger seine Ansprüche erstinstanzlich erfolgreich gestützt hat, ist das wirtschaftliche Interesse des möglichen Verletzers an der Fortsetzung des beanstandeten Verhaltens mindestens ebenso hoch einzustufen wie das Interesse eines der eventuell betroffenen Konkurrenten an seiner Unterbindung. Konkrete Anhaltspunkte, die hier ausnahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Es besteht kein Grund anzunehmen, dass das Interesse der Beklagten, die streitige Domain weiterzubenutzen und nicht freizugeben, wirtschaftlich weniger bedeutsam ist als das Interesse des Klägers, dies zu unterbinden. Ein solcher folgt insbesondere nicht aus dem von dem Kläger aufgegriffenen Vortrag der Beklagten, die bislang nur von ihnen selbst benutzte Internetseite "drogerie.de" würde täglich nur von 30 - 40 Personen "besucht". Denn der Wert einer Domain für ihren Inhaber liegt nicht nur in der Möglichkeit, sie selbst zu nutzen, sondern auch darin, sie interessierten Dritten gegen entsprechendes Entgelt zur Nutzung anzubieten.

Auch die möglicherweise einfache Verhinderung der Weiterübertragung der Domain nach erfolgter Freigabe rechtfertigt nicht die Herabsetzung der Sicherheitsleistung. Zunächst wird die Gesamthöhe des Streitwertes und damit die der Sicherheitsleistung maßgeblich vom Unterlassungsanspruch bestimmt. Vor allem aber fehlen auch hier hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür, dass das wirtschaftliche Interesse der Beklagten, die streitige Domain ohne Unterbrechung weiternutzen und gegebenenfalls verwerten zu dürfen, hinter dem Interesse des Klägers an der Freigabe zurückbleibt.

Unterschriften